Sonntag, 20. Juli 2014

Endlich ab in die Finkas

Die Zeit schreitet voran und jedes Wochenende wartet ein anderes spannendes Abenteuer auf uns.
Letztes Wochenende ging es auf eine so genannte Kaffeefinka. Das ist eine Art "Kaffee-Bauernhof" inmitten von Kaffeeplantagen, wo informationslustige Leute wie wir alles über die Herstellung des Kaffees erfahren können und zudem einige Nächte in völliger Ruhe inmitten der Natur verbringen können. Nach einer ca. 30 minütigen Busreise von Manizales aus, ging es im Taxi weiter, bis wir einen kleinen Pfad erreichten, der schließlich zu einem weiß-roten Haus führte. Es wirkte im wahrsten Sinne des Wortes paradiesisch. Obwohl nur 40 Minuten von Manizales entfernt, war die Temperatur hier tropisch warm, weshalb wir über die Anwesenheit eines Pooles direkt vor der Finka sehr erfreut waren. Sogleich wurden wir von der Besitzerin in Empfang genommen und der Kaffee stand schon bereit. Es dauerte genau 3 Minuten und wir fühlten uns wie zu Hause. Da Wochenende war, war die ganze Familie der Besitzerin samt Enkelkinder in der Finka.
Wir wurden gleich eingeladen, das erste Fußballspiel: Kolumbien gegen Griechenland, mit ihnen gemeinsam zu schauen. Das ließen wir uns natürlich nicht zweimal sagen. Zwischendurch wurden wir mit Kaffee zwangsernährt.
Wer denkt, dass wir Deutschen begeisterte WM-Fußballfans sind, sollte mal in Kolumbien ein WM-Spiel sehen. Es ist unglaublich, wie begeistert die Menschen hier sind und wie begeistert sie mitfiebern. Ein Grund dafür, wurde uns gemunkelt, ist wohl, dass Kolumbien nicht all zu viele Dinge hat, auf die sie "stolz" sein können. Wenn ihr Nationalmannschaft einige schöne Tore macht, lässt das natürlich die Brust schwellen. Hinzukommt, dass die letzte WM-Teilnahme der Kolumbianer schon einige Jahre zurückliegt.

Nach dem Fußballspiel wurde das Mittagessen serviert. Es war mit Abstand das bisher beste Essen hier. Wir wurden an einen Tisch geführt, der mit einer kolumbianischen und einer deutschen Fahne geschmückt war.

Für den Nachmittag war eine kleine Führung durch die Kaffeeplantage geplant. Da noch ein paar nicht Spanisch sprechende Personen hinzukommen sollten und an jenem Tage kein Englisch sprechender Führer zur Verfügung stand, wurde wir gebeten uns um die Übersetzung zu kümmern. Wie sich wenige Minuten später herausstellte, handelte es sich bei diesen Personen um drei hochgewachsene, deutsche Studenten aus Köln. Nachdem noch ein passender Sonnenhut für das Haupt auserkoren war und jeder eine Kakaobohne lutschen durfte, ging es auch endlich mit der eigentlichen Tour los. Da es doch schon einige Wochen her ist, der Kaffee jedoch einen solch wichtigen Teil Kolumbiens ausmacht, versuche ich einmal, die wichtigsten Facts zusammen zu kratzen.

  • Die Bohnen wachsen in Kirschen und zwar das ganze Jahr durch.
  • Für eine kleine Tasse Kaffee sind 100 Bohnen nötig.
  • In Kolumbien werden die Bohnen vor dem Trocknen aus den Kirschen entfernt und anschließend sortiert, denn die schlechten Bohnen schwimmen im Wasser oben. Da in dieser Schritt einen sehr hohen Wasserbedarf hat, wird z.B. in Brasilien darauf verzichtet, was natürlich die Qualität beeinträchtigt.
  • In Kolumbien werden die Kirschen noch immer händisch von unterbezahlten Arbeitern gepflückt, was zu einem höheren Preis führt, als in Ländern mit maschineller Ernte. Die Steigungen betragen zum Teil 100% und mehr.
  • Die Kaffeepflanzen werden bis zu drei mal geschnitten und werden maximal 23 Jahre alt. Anschließend werden wieder neue Setzlinge in den Boden gerammt, die nach einem knappen Jahr wieder die ersten Kirschen tragen.
  • Im Schatten wachsen größere Bohnen heran, die sie dort mehr Zeit zur Reifung haben. Die größeren Bohnen riechen weniger intensiv, schmecken aber mild und sind aus diesem Grund die erste Ware. Solche Bohnen sind in Kolumbien nur schwer zu bekommen, da die allermeisten ihren Weg zu uns nach Hause finden.
  • Bei zu viel Sonne werden die Bohnen kleiner, was dazu führt, dass sie intensiver riechen, aber der Kaffee bitterer wird. Diese bleiben in Kolumbien oder werden wegen ihres Geruchs in Kaffeeläden zum Kundenfang genutzt.
  • Alles was an Abfall bei der Verarbeitung anfällt wird entweder zu Brennholz oder zu Kompost umfunktioniert.
  • Nach dem Trocknen in einem Ofen sind die Bohnen fertig zum verschiffen. Erst in den Zielländern wird geröstet. Je heller die Röstung, desto besser, da dunkle Röstungen oft nur die mindere Qualität vertuschen sollen und aus ihr kein guter Kaffee mehr zu gewinnen ist. Dem Kaffeepulver sieht man laut Kaffeebauer gar nicht mehr an, welche Güte der Kaffee eigentlich besitzt.
Soweit was mir zum Anbau einfällt. Nun gebe ich noch ein paar Hinweise für die Zubereitung weiter, falls jemand den Anspruch von perfektem Kaffee hat.

In dem Espressoautomaten (den wahrscheinlich kein Schwein besitzt):
  • Das Kaffeepulver stark andrücken
  • Die Temperatur sollte zwischen 85 und 88°C liegen.
  • Die ideale Brühzeit liegt bei 18 Sekunden. Alles darüber führt zu mehr säure, darunter wird der Kaffee bitterer
Im italienischen Espressokocher:
  • Bis zum Ventil mit Wasser füllen
  • Das Kaffeepulver leicht andrücken
  • Sobald das geringste Pfeifen/ Brodeln zu hören ist, den Kocher vom Herd nehmen und warten, bis sich die restliche Brühe ihren Weg nach oben gekämpft hat.
In der French-Press (das Teil zum Runterdrücken):
  • Das Wasser kochen
  • Das Wasser für ca. 4 Minuten auf 85-88°C abkühlen lassen (natürlich abhängig vom Luftdruck, der zum Beispiel in Manizales nur 799 mbar beträgt. Das Wasser wird hier also nur 93°C warm)
  • das abgekühlte Wasser auf (grobes) Kaffeepulver schütten.
  • Direkt die sich bildende, schwimmende Schicht durchbrechen und das Filternetz herunterdrücken. Wird die Schicht nicht durchbrochen, kann die Flüssigkeit nur schwer durch das Netz was das Drücken erschwert.
  • Wenn die schwimmende Schicht dick ist, also viel Kaffee aufschwimmt, darf man von einer guten Qualität ausgehen

Am Folgetag haben wir uns noch eine kurze Abkühlung im Pool gegönnt, bevor es wieder nach Hause nach Manizales ging.

Cali

Die Woche darauf, ging es für mich (Michel) für fünf Tage nach Cali auf eine Exkursion zur Besichtigung von Chemie-Anlagen. Zunächst jedoch mussten wir eine kleine Verzögerung von vier Stunden über uns ergehen lassen, da der Unibus mal wieder nicht funktionieren wollte. Unter den Zielen waren zwei Alkoholanlagen zur Verarbeitung von Rohrzucker, die Brauerei Bavaria, welche das Biermonopol in Kolumbien hat sowie eine Firme die Öle und Fette zum Verzehr herstellt. 
Bis auf die Brauerei sind die Anlagen von Lecks, Pfützen, unangenehmen Gerüchen und Lärm geprägt. Aus diesem Grund hatte ich auch fast keine Chance unsere herumführenden Ingenieros zu verstehen. Trotzdem lagen immer wieder ganze, offene Kolonnen, Wärmetauscher, Drehzellenfilter etc. herum, was einfach mal richtig cool war.
Die Gegend selbst ist von unerträglich hohen Temperaturen geprägt, sowie von einem Zuckerrohrfeld neben dem anderen. Für die Stadt Cali hatten wir leider wenig Zeit. Es gibt dort zumindest erheblich mehr Touristen und alte, anschauliche Gebäude die teilweise einen mediterranen Flair versprühen.






Da in den folgenden Wochen jeweils verlängerte Wochenenden anstanden, konnten wir die Wochenenden nutzen.
Am 23. Juni sind wir zusammen mit Angela, einer Franz.-Schülerin von Julia, sowie ihrem Mann in die "Thermales del Ruiz" gefahren. Die beiden haben einen Geländewagen und anders hätte man das auch nicht geschafft. Nach 20 Minuten fahrt wurde es immer höher und damit auch spürbar kälter. Am rauchenden Vulkan vorbei haben wir einen kleinen Stop gemacht, um Federicos ferngesteuerten Flieger einmal durchs Gebirge zu jagen. Der Spaß war jedoch wegen der starken Brise schnell vorbei. Während wir uns mit dem Flieger vergnügt hatten, hatten sich von hinten ein paar Wandersleute angeschlichen, die das gleiche Ziel hatten wie wir. Es handelte sich um ein älteres Ehepaar aus Ibague sowie ihren Sohn, der Medizin studierte. Die Dame durfte vorne mit in die Kabine, die beiden Herren durften auf der Ladefläche des Pick Ups Platz nehmen. Die Therme war noch im Bau, so dass nur ein Becken zur Verfügung stand, dieses war jedoch mehr als warm genug um sich gerade noch entspannen zu können. Nach einem guten Essen ging es einen etwas anderen, abenteuerlicheren Weg zurück nach Manizales. Da sich dieses Ziel erneut mit dem der Familie gedeckt hat, durften sie erneut mit ins Auto. Die Frau war ihr ganzen Leben Violinistin in einer Philharmonie. Mittlerweile hat sie jedoch Karpaltunnelsyndrom in beiden Händen und kann deswegen ihr Instrument nie wieder in die Hand nehmen.


Die andere Finka

Das Wochenende darauf hat uns ein Kollege und Schüler von Julia zu sich und seiner Familie in ihre Finka eingeladen. Neben dem Sprachgebrauch des Wortes Finka für "Bauernhof" oder "Kaffeefarm" wird es nämlich auch als "Wochenendhaus" verwendet. Wir wurden also morgens von unserem Freund vor der Haustür abgeholt und haben uns vom "Terminal de Transporte" aus auf den Weg Richtung Finka gemacht. Diesmal wurde es nach 20 Minuten spürbar wärmer. Nachdem wir die Hauptstraße nach Pereira verlassen hatten, ging es, vorbei an riesigen Bambuswäldern und Kaffee- sowie Platanoplantagen weiter, bis wir den Busfahrer mitten in Nichts, direkt vor einer hohen Hecke zum anhalten baten. Dort gab es ein Tor das zu dem Wohngebiet hinter der Hecke führte, in dem sich auch die Finka befand. Die Häuser dort waren mal größer, mal kleiner, je nachdem ob fürs Wochenende oder als Hauptwohnsitz. Das Klima war angenehm heiß und nach wenigen Schritten waren wir an unserem Ziel angelangt. Das Haus bestand aus vier Schlafzimmern, zwei Bädern und einem großen Raum in der Mitte, in dem die Küche und sonst nicht viel war. Im Garten wuchsen Mango- und Avokadobäume, eine Kokospalme sowie ein Sternfruchtstrauch und Orangen -bzw. Limonenbäume. Im Prinzip also alles, was man zum Überleben braucht.













Hektors Vater, der pensionierter Polizeibeamter war, wie so oft, zusammen mit Hektors Onkel am buddeln. Die Ladies des Hauses haben gekocht, Tochter und Cousine haben sich mit ihren Handys beschäftigt.
Nach dem Essen konnten wir also die Gegend erkunden, wobei es nicht all zu viel zu sehen gab.  Ein paar kleinere Kneipen, weitere, ähnliche Wohngebiete und ein kleines Dorf. Rund herum wird kultiviert was sich kultivieren lässt.
Der Mangel an Wanderrouten etc. veranlasste und also zum Ausruhen, Fußball schauen, Essen...und sonst eigentlich nichts weiter.
Am nächsten Tag haben wir das Gebiet hinter der Siedlung erkundet. Nach ungefähr 10 Minuten war der Weg jedoch schon zu Ende, auch wenn die Aussicht die "Mühe" wert war. Da uns jedoch plötzlich die Erkunderlust gepackt hatte, haben wir uns kurzerhand durch das hohe, buschige Gras den Hang hinauf gekämpft. Dort  hatten wir eine noch bessere Aussicht und zudem hat sich uns ein Pfad zurück, durch ein Stück Wald eröffnet. Geendet hat der Pfad auf  einer Weide von furchteinflössenden Rindern. Da ich aus Deutschland eher Kühe und Rinder von der sanfteren Sorte gewohnt bin, hätte ich fast nicht auf Hektor gehört, der meinte, die Biester seien gefährlich. Doch selbst hinter dem Zaun kamen sie einschüchternd auf uns zu gedonnert und hätten uns die ganzen hier verzehrten Steaks wieder heraus getrampelt.

Am Sonntag haben wir uns noch ein mäßiges Deutschlandspiel gegen Ghana angeschaut, bevor wir uns mit den Eltern von Hektor zur nächsten Stadt begeben haben. Da wir zu sechst waren, konnten wir leider nicht den ganzen Weg nach Hause mitfahren. Dem Feiertag geschuldet waren alle Busse voll, so wir uns auf unsere erste Erfahrung mit den Willys einlassen mussten. Das sind alte, von der US-Armee entwickelte Geländewalzen, die als Urahn des "Jeeps" gelten und mir auch schon aus Australien bekannt waren. Hier werden sie mit bis zu 11 Personen voll gequetscht und als öffentliches Verkehrsmittel missbraucht.
Glücklicherweise war die Unbequemlichkeit schnell vergessen, da der Fahrer die kurvenreiche Strecke so gefahren ist, als läge seine Frau in den Wehen. Somit ging ein sehr erholsames Wochenende mit zittrigen Beinen und einem Puls von 140 zu Ende.




Manizaler  D-Promis

Dank des relativ guten Abschneidens der deutschen Mannschaft in der WM wurden wir von einem Zeitungsjournalisten gefragt, ob er dass nächste Spiel mit uns zusammen schauen kann und darüber ein paar Zeilen schreiben dürfte. Das Spiel war in diesem Fall ausgerechnet das Spiel gegen Brasilien, weshalb aus den paar Zeilen eine halbe Seite wurde. Die Hälfte der Informationen die wir ihm über uns gegeben haben, hat er falsch gedruckt und als er uns gefragt hat, wie wir das Spiel finden, hat ihm "unglaublich" nicht gereicht, so dass wir unser Statement in "unwirklich" umändern mussten?!?

Das Final-Wochenende ging es in den "Parque de Cafe". Dies ist ein Themenpark mitten im Kaffeeanbaugebiet, versteckt zwischen Wäldern und Bergen. Das Thema des Themenparks, hatte ich mir nach einiger Überlegung erschlossen, sodass wir uns gut vorbereitet ins Getümmel stürzen konnten.
Zunächst mussten wir mit dem Bus über Pereira nach Armenia. Dort hieß es umsteigen und eine weitere dreiviertel Stunde im Bus zum Park. Da vor Abfahrt mein schwäbisches Sparer-Gen aus welchen gründen auch immer aktiviert wurde, hatten wir nicht genug Geld für ein volles Ticket. Die günstigere Alternative war, mit sieben Attraktionen jeweils einmal zu fahren. Dies stellte sich am Ende, aus Zeitmangel, als das richtige Ticket für uns heraus. Damit konnten wir also Achterbahn, Freefallturm, Wildwasserrafting, Gokart und Seilbahn fahren. Zudem gab es ein paar schön angelegte Naturwege mit vielen Vögeln.

Wieder draußen konnten wir noch einige Worte mit den Kaffeearmbandverkäufern über die WM wechseln, bevor es wieder nach Manizales zurück ging.
Das Finale am Sonntag lief in Kolumbien um 14:00 Uhr, was einen frühen Rausch bedeutete. Zudem war der Strom im Barviertel so unstabil, dass wir ab der zweiten Halbzeit zusammen mit Hektor bei uns in der Wohnung schauen mussten.

Soviel von uns. Bald ist der ganze Spaß ja leider schon wieder vorbei. Bis dahin, keep your ears stiff ;)


Montag, 9. Juni 2014

Vulkane, Gletscher und ein Haufen Vögel

Santa Isabel

Söö, langsam aber sicher bewegen wir uns auf das Ende des zweiten Monats zu. Die Hundehaare in der neuen Wohnung nähern sich einer angenehm niedrigen Konzentration und das Spanisch wird, wenn auch schleichend, stetig besser.
Da ein Freund von uns das vergangene Wochenende eine Tour auf den Vulkan "Santa Isabel" im Nationalpark Nevado gebucht hatte, entschieden wir uns kurzerhand, ihm zu folgen. Einen weiteren Beweis für die Freundlichkeit der Kolumbianer hat er dadurch erbracht, dass er alles, von vorne bis hinten für uns organisiert hat. Ich musste lediglich erwähnen, das wir eventuell auch mal gerne dort hin fahren würden.
Der Vulkan Santa Isabel ist zwar mit ca. 4900m der kleinere von beiden hier gelegenen Feuerbergen, jedoch ist er nicht aktiv und es gibt einen begehbaren Gletscher.
Die Tour begann morgens um 4:45 Uhr durch Abholung vor der Haustür. Das Fahrzeug der Wahl war dieses mal ein Geländewagen mit nur 7 Plätzen. Nachdem wir den Rest der Leute eingesammelt hatten, unter anderem unseren Freund, ging es über Villamaria raus aus der Zivilisation und immer bergauf. Der erste Stop, nach ca. einer Stunde, wurde gemacht um den Sonnenaufgang  zu genießen. Dazu gab es einen kleinen netten Wasserfall. Da ich im Prinzip noch geschlafen habe, wurde die Fotos jedoch, durch die Blume gesagt, richtig schön scheiße.
Glücklicherweise wurde selbiges eine halbe Stunde später erneuert, wenn auch ohne Sonnenaufgang.


Schließlich kamen wir ein eine kleiner Finka, um unser wohlverdientes Frühstück entgegen zu nehmen. Wie eigentlich immer, gab es Arepa, Butter und Ei. Dort haben wir uns auch mit den anderen Gruppen getroffen, mit denen wir später noch zusammen den Berg bezwingen sollten. Die in einer kleinen Hochebene gelegenen Finka bot dann doch noch eine Art Sonnenaufgang, da die Sonne noch nicht die hohen Berge erreicht hatte.


Nach weiteren 1,5 Stunden hatten wir mittlerweile die 4200m erreicht und die kleine Wanderung konnte beginnen. Das erste, was wir nach dem Aussteigen vernommen konnten, war, dass die Temperatur sich weit vom tropischen Normal entfernt hatte und der Wind die Ohren zum flattern bringen konnte. Also wurde zunächst alles angezogen, was irgendwie nach Stoff ausgesehen hat.
Nachdem der Führer uns noch einige Atemtechniken mit auf den Weg gegeben hat, konnte es los gehen. Die Flora in dieser Höhe besteht im Prinzip nur aus einigen Flechten und eine Sorte Gras, sowie einer Art weißen Blume und einem kaktusähnlichen Gebilde, welches wegen seiner wenigen Blätter jedoch nur sehr langsam an Höhe gewinnt. Das ehemalige Gletscher-Gebiet war durch die ausgeschürfte Landschaft und vielen Lagunen erkennbar.                                                                 Schnell wurde auch das Atmen ein Problem und ein Weitergehen konnte nur durch viele Pausen gewährleistet werden. Zu diesem Zeitpunkt hatten wir auch schon einige Ausfälle in unseren Reihen zu verzeichnen. Andere, zumeist Leute vom zarten Geschlecht, konnten nur an der Hand und mit viel Mutmachen weitergehen. Nach der kleinsten Anstrengung hat man bereits das Gefühl, als müsse würde das Atmen nicht ausreichen um das Verlangen nach Sauerstoff zu stillen. Nach einer kleinen Pause geht es zwar wieder, jedoch kommt das Gefühl der Sauerstoffnot nach wenigen Schritten sofort wieder zurück. Auf dem Weg bekam Julia sogar die Handschuhe einer netten kleinen Kolumbianerin, die farblich sogar auf die Jacke abgestimmt waren. Die Tour entwickelte sich also zu einem perfekten Tag.
Vorbei an Tieren, nämlich einem Vogel, riesigen Felsbrocken, welche angeblich der Vulkan seiner Zeit in der Gegend umher geschleudert hat, und hier und da ein wenig Schnee, kamen wir schließlich zu dem Gletscher, welcher das Ziel der Wanderung darstellte. Natürlich waren wir die ersten, was ich auf die Empanadas schiebe, auf die wir an diesem Tag verzichtet hatten. Ich kann leider nicht sagen, wie groß der Gletscher war, da der Nebel nicht all zu viel Sicht zuließ. Trotzdem war es ein beeindruckender Anblick und man konnte die Gewalt förmlich fühlen, mit der sich die Schneezunge durch den Berg frisst.






Zwar hatte sich mittlerweile ein wenig Kopfweh breit gemacht, trotzdem gestaltete sich der Rückweg insgesamt einfacher und zusätzlich war der Nebel mittlerweile eine wenig der schönen Aussicht gewichen. Die Rückfahrt ging erneut über die Finka, bei der es noch ein deftiges Mittagessen gab. Dazu gab es einen Kaffee, der mit Panela angefertigt war, so dass er schon pappsüß aus der Maschine kam. Da die Kolumbianer generell viel Zucker in ihren Kaffee machen, sind so einige auf die süße Falle hereingefallen, und der Kaffee wurde, für mich zumindest, ungenießbar.




Birding (die wörtliche Übersetzung würde etwas weit führen, aber es geht darum Vögel anzuglotzen)

Da die Besitzerin der Deutschschule Ornithologin ist und viele Trips dieser Art mit ihrer Gruppe zusammen macht, können wir jeweils das erste Wochenende jeden Monats bei den Vogelbegeisterten  mitmachen. So auch diesen Samstag. Hierzu mussten wir pro Person ca. 2€  sowie ein paar süße Versuchungen für die Vögel einpacken. Im Gegenzug bekamen wir eine Busfahrt, den Eintritt in den Park sowie einen vogelkundigen Führer. Der Park der Wahl war dieses mal der "Parque Rio Blanco", der sehr nahe bei Manizales liegt und den wir schon längst einmal besuchen wollten. Am Grenzgebiet der Stadt leben die ärmeren Leute, die mitunter dadurch ihr Geld verdienen, dass sie das Flussbett ausschaufeln, die Fraktionen trennen und das Gewonnene als Baumaterial verkaufen.
Die Vogelmenschen sind ein heiteres Völkchen von 10 bis 60 Jahren mit teilweise sehr teurer Kameraausrüstung.
An der "Basis" angekommen, gab es bereits unzählige Kolibris zu bewundern, die sich an dem aushängenden Zuckersaft die Schnäbel vollsaugten. Natürlich wurden uns die diversen gesichteten Vögel genannt, aber merken kann sich das natürlich kein Mensch. Zumindest hab ich gelernt, dass Vögel ihre schmackhaften Würmer nicht erschnuppern oder sehen, sondern durch Sensoren in ihren Beinen jede Bewegung der wirbellosen Tierchen registrieren.
Außerdem sind wir noch sind wir noch an einer Finka vorbeigekommen, auf deren Hof wir etwas entdeckt hatten, was ich zunächst für selbstgebaute "Ramps" von den Youngstern des Hofs hielt. Tatsächlich handelte es sich jedoch um die Tore des Nationalspiels Kolumbiens, "Tejo". Von unserem Führer, der wohl ein fleißiger Tejo-Spieler ist, habe ich mich auch direkt die Regeln erklären lassen. 
Zunächst ist das ganze eine Team-Sportart, bei der sowohl viel Alkohol und Schwarzpulver involviert ist. Ich persönlich war an dieser Stelle bereits Fan und Liebhaber des Sportes.
Es gibt einen ca. 680g schweren, steinernen oder eisernen diskusförmigen Puk, welches man aus ca. 20m Entfernung auf die im Bild zu sehende Fläche wirft. Normal ist diese nicht, wie im Bild, abgedeckt, sondern mit Ton voll. Auf dem Ton ist ein Kreis gezeichnet und auf der Kreislinie sind kleine Schwarzpulverpäckchen versteckt, die mit einem farbigen Dreieck markiert sind. 1 Punkt gibt es für den, der am nächsten an den Kreis geworfen hat, sofern keiner getroffen hat. 3 Punkte hat der Spieler, der es zu einer Explosion schafft, also das Schwarzpulversäckchen trifft. Wer in den Kreis trifft bekommt 6 Punkte und wer es mit einer Explosion in den Kreis schafft, darf sich 9 Punkte geben. Dazu gibt es viel Bier und Aguardiente. Da der Sport seit dem Jahr 2000 als Nationalsport eingetragen ist, gibt es natürlich auch Mannschaften und Turniere. Bei den offiziellen Turnieren ist jedoch kein Alkohol zugelassen, was bestimmt die Treffsicherheit einiger Spieler stark beeinträchtigt. 
Neben Vögeln gibt es in dem Park auch einige Füchse, Igel und Brillenbären. Einen davon gab es davon auch in Gefangenschaft. Leider etwas einsam, aber trotzdem mit jeder Menge Platz. Wir konnten noch einige, mal bunt, mal weniger bunte Vögel zu Gesucht bekommen. Am Ende haben wir uns trotzdem darauf gefreut unsere Nackenverspannungen auszukurieren. 







Am Sonntagnachmittag haben wir noch eine kleine Wanderung mit zwei Freunden aus der Französischschule unternommen. Wir haben uns zunächst mit Miguel getroffen, einem kleinen, Gel-gelockten Jogginghosenträger der, wie alle hier, super nett ist. Zusammen mit ihm sind wir zu Angela, ihrem Mann und ihren beiden Hunden. Die beiden scheinen zur oberen Mittelschicht zu gehören, da sie ein eigenes Haus in einem abgezäunten Gebiet samt Pickup-Truck besitzen. Sie haben zusammen einen Laden für Motorradartikel und nebenbei bäckt sie noch täglich Brownies, die sie dann weiterverkauft. Außerdem fahren die beiden bald nach Deutschland, für die Moto GP in der Nähe von Dresden. Bei der Gelegenheit gibt es zu sagen, dass es auffallend viele Leute gibt, die Straßenhunde aufgenommen haben, so auch Angela.
Außerdem stehen die beiden finanziell gesehen vielleicht deswegen so gut im Futter, weil Motorräder hier weitreichender und häufiger eingesetzt werden als in Europa. Da man auf die meisten Verkehrsregeln pfeifen kann, ist man natürlich um ein vieles schneller als mit Auto oder Bus. Zudem kann man damit eine dreiköpfige Familie bequem bewegen und auch Cargo lässt sich in Mengen transportieren, wofür ich sonst einen Autoanhänger benutze.

Zusammen mit Angela, Miguel und einem weiteren, älteren Gefährten sind wir an den Stadtrand gefahren um dort eine kleine Wanderung mit den Hunden zu unternehmen. Dank der Straßenhunde sind wir zeitweise mit fünf hechelnden "besten Freunden" in verschiedenen Ausführungen marschiert. Da Miguel heiß darauf war, Englisch zu reden und die beiden generell gerne Französisch reden wollten, kam zwar das Spanisch etwas kurz, dafür wurden wir an einer Finka mit einer "Pony Malta" vertröstet. Das Malzgetränk ist ähnlich unseres Caramalz, jedoch süßer und tatsächlich von einer richtigen Brauerei, die natürlich "Bavaria" heißt. Das Unternehme wurde 1889 von einem deutschen Einwanderer gegründet und war bis 2005 das zweitgrößte Brauereiunternehmen Südamerikas. Wie immer wurde sie dann von einem größeren Unternehmen aufgekauft, in diesem Fall von "SABMiller".

Nach einer kleiner Regenschauerpause unter einem Baum, nach der wir schön nass waren, haben wir uns die letzten Sonnenstrahlen reingedroschen und sind wieder nach Hause. Soweit der Status von hier drüben.


Sonntag, 25. Mai 2014

Die Sintflut und Sonne im Herzen

Lange haben wir geschwiegen aber heute gibt es mal wieder Neuigkeiten aus unserer Wahlheimat auf Zeit.;) Dabei trifft es Heimat schon ganz gut. Michel meinte gestern Abend, dass es sich schon wie nach Hause kommen anfühlt, wenn er wieder in der Wohnung ist.

Übrigens gibt es gleich hier oben noch einen Link "Bilder", falls jemanden sowas interessiert.

In den letzten Wochen haben wir übrigens gemerkt, was REGENzeit bedeutet. Viel Regen in kurzer Zeit, jeden Tag. Vorletztes Wochenende hat es uns abends gar nicht raus gelockt, überall war Wasser und es hörte nicht auf zu regnen. Es mag vielleicht auch ein bisschen daran liegen, dass Michel immer noch nur seine alten, deutschen Schuhe hat, die das Wasser förmlich ins innere einladen. Als wir vor einiger Zeit die Seilbahn benutzten, erzählte uns ein älteres Pärchen von einem Erdrutsch vor ein paar Jahren. Dabei sind mehrere Häuser am Hang eingestürzt und viele Menschen ums Leben gekommen. Dies kommt bei derartigen Regenfällen wohl des Öfteren vor. Von der Seilbahn aus sieht man die ganzen Häuser am Hang und auch die Ruinen der ehemaligen Wohnhäuser konnte man sehr gut sehen. Es ist schon ein krasses Bild, die ganzen Wasserbäche von der Avenida Santanter (die gerade verlaufende, hochgelegene Straße) jeweils rechts und links runterlaufen zu sehen.


Der große Gabo ist tot

Der unglückliche Zufall will es, dass genau an ebenjenem Tag, an dem wir hier angekommen sind, der weltweit bekannteste kolumbianische Schriftsteller und literarische Nobelpreisträger Gabriel José García Márquez gestorben ist. In seinen Werken hat er vor allem auch Themen, welche die Isolation Lateinamerikas behandelten, integriert. Das macht einen schon irgendwie traurig, obwohl wir beide noch kein einziges Werk von ihm gelesen haben. Umso mehr haben wir uns vorgenommen, dies jetzt noch zu tun. Vor dem Einkaufszentrum ganz in unserer Nähe steht eine Gedenktafel. Dort können die Menschen ihm eine kleine, letzte Botschaft hinterlassen.

Sonst waren wir in letzter Zeit fleißig. Bei Michel geht es gut im Labor voran. Die zweistündige Mittagspause darf jedoch nie fehlen.;) Dabei gibt es so kulinarische Hits wie Schnitzel mit Honig.

Wir probieren noch immer alle Köstlichkeiten, die uns so über den Weg laufen aus. Nach zahlreichen Saft-Herstellungs-Versuchen, hat sich der Maracujasaft als unser Favorit herausgestellt. Den gibt es jetzt fast jeden Tag, frisch gepresst natürlich. Wir haben auch bemerkt, dass es im Supermarkt kleine Fruchtfleischbeutelchen gibt. Da fügt man dann nur noch Wasser oder Milch hinzu und schon hat man einen leckeren Saft.

Für Michel gibt es jeden Tag eine Avocado, für mich eine Papaya und für uns beide eine Kokosnuss.;)

Auch Buñuelos haben es uns angetan. Die in Öl frittierten(was auch sonst ;) )mit Käse gefüllten Teigbällchen schmecken wirklich sehr gut. Zwar sehen sie aus, als sollten sie süß schmecken, statt dessen findet man jedoch eine sanfte Nuance Richtung Rockfort. Sie werden entweder aus Weizenmehl oder Maismehl gemacht und um Wikipedia jetzt mal zu widersprechen: Sie werden nicht nur an Weihnachten gegessen, aber zu dieser Zeit auch von den Muttis zuhause zubereitet. Wir sehen sie jeden Tag an jeder Ecke. Auch für den kleinen Empanadas-Hunger ist alle 50m gesorgt für wenig Geld gesorgt, so dass der Hungertod zumindest nicht einreißen wird. Jedoch liegt fast alles, was man an der Straßenecke naschen kann, so schwer im Magen, dass man sich eigentlich direkt erst mal hinlegen sollte bis das feine Frittierfett in seine wertvollen Bestandteile zerlegt wurde. Ansonsten gibt es beim Bäcker auch alles, was man sich wünschen kann, so lange man etwas süßes im Sinn hat.


Wahlen in Kolumbien

Ein erneuter Zufall will es, dass am gleichen Tag, an dem bei uns Europawahlen (leider haben es unsere Unterlagen trotz Anfrage noch nicht nach Kolumbien geschafft) stattfinden, erneut der kolumbianische Präsident gewählt wird. Es ist schon spannend genau zu dieser Zeit hier zu sein. Es wird auch ein spannendes Wochenende werden. Hier mal kurz und einfach zusammengefasst, wie wir die politische Lage soweit verstehen. Obwohl in den letzten 20 Jahren sich die Sicherheit des Landes um ein Vielfaches verbessert hat, gibt es natürlich Probleme. Noch immer gibt es Konflikte zwischen dem Staat und vielen Guerilla-Gruppen. Dem seit 2010 amtierenden Präsidenten Santos gelang es, in so etwas wie Friedensverhandlungen mit der größten dieser Gruppen, der FARC, zu treten. Die Verhandlungsrunden finden in der Hauptstadt Kubas, Havanna, statt, da dort die FARC-Leute keine strafrechtliche Verfolgung befürchten müssen. Die FARC steht zudem in Verdacht, ihr, für den Widerstand nötiges Kleingeld, mit Kokain zu finanzieren. Auch wenn es Verhandlungen gibt, konnte dieser tiefgreifende Konflikt, der sich bereits über Jahrzehnte erstreckt, noch nicht aus der Welt geschafft werden. Santos, der am Sonntag zur Wiederwahl antritt, befürchtet, dass das Volk nicht hinter ihm steht, weil der Konflikt nicht völlig vom Tisch ist.

Einer der Gegenkandidaten ist davon überzeugt, dass man mit so einer Gruppe nicht verhandeln kann und möchte, falls er gewählt wird, wieder zum aktiven, militärischen Einsatz gegen diese Gruppe zurückkehren.

Wir werden mal abwarten, was passiert.


Rund um Manizales

Für Samstag war ein Besuch in dem Nachbarort Villa-Maria auf der Agenda. Auf den ersten Blick scheint es einfach ein Teil von Manizales zu sein. Jedoch ist es ein eigenständiger Ort. Dieser ist bequem per Seilbahn zu erreichen für etwas über 50 cent. Der Ort hat eine nette, hölzerne Kirche in der wir den fleißigen kolumbianischen Katholiken ein wenig bei ihrer Kontaktsuche zu Gott zusehen.

Danach konnte man noch 10 Minuten in die eine Richtung, 10 Minuten in die andere bis zum jeweiligen Ortsrand laufen und die Sache hatte sich erledigt. Zwischendurch gab es noch 2 Kaffee mit 2 süßen Stückchen für ca. 80 cent und am Ende ein ordentliches Mittagessen mit Chorizo. Dies ist eine sehr grobe Wurst mit viel Fett und viel Geschmack, die typisch für die Gegend ist.

Für Sonntag stand der Besuch im „Ecoparque Los Yarumos“ an. Auch dieser wäre theoretisch per Seilbahn erreichbar. Diese steht jedoch schon kurz nach Fertigstellung aus Sicherheitsbedenken still und anscheinend bleibt das erst mal auch so. Ein teurer Spaß, aber wieso nicht. Eine Fahrt mit dem Taxi kostet doppelt so viel, aber ist immer noch erschwinglich.

Der Park kostet normalerweise 1500 COP (60 cent) Eintritt und ist eher ein Spielparadies für kleine Kinder. Daneben gibt es aber auch einen „Ökopfad“ der recht schön sein soll. Wegen des Regens, den wir so schätzen gelernt haben, war dieser jedoch geschlossen. Als Folge war der Eintritt frei und das Gebiet wie ausgestorben. So hatten wir ein wenig Zeit die Sonne zu genießen und den Reiseführer in Hinsicht auf das nächste Wochenende befragen. Als Schmankerl hat uns einer der rumstehenden Guides doch noch auf einen 5 Minuten Rundweg vertröstet.



Ab nach Risaralda

Am Wochenende haben wir einen Ausflug nach Pereira gemacht. Dies ist die Hauptstadt vom nächstgelegenen südlich von Manizales liegenden Departamento Risaralda und gehört auch zum Kaffeedreieck. Pereira ist ca. 50 km von Manizales entfernt. Mit dem Bus braucht man je nach Busfahrer 1 bis 1,5 Stunden. Pereira ist so etwas wie die Konkurrenzstadt zu Manizales. Man kann es wohl in etwa mit der ewigen Diskussion um Dresden und Leipzig vergleichen. Pereira hat in etwas genau so viele Einwohner wie Manizales (457.000 Einwohner), liegt aber mit nur 1410 Höhenmetern gleich mal 700 Meter unter Manizales. Dieser Unterschied macht sich direkt durch ein wärmeres, schwüleres Klima bemerkbar.

Der Typ im Hostel meinte dann auch gleich: aus Manizales? Da ist es ja kalt oder? Lustig, was die Kolumbianer immer unter kalt verstehen.

Insgesamt hatte Pereira für uns irgendwie mehr westliches Flair als Manizales. Die Hauptstraße ist größer, breiter und mit schönen Boutiquen, Hotels und Nachtbars gespickt. Nicht umsonst ist für die Kolumbianer Pereira ein bisschen die Stadt der „haute classe“. Auch im Reiseführer steht, dass es eine blühende Geschäftsstadt ist. Dieser Ausdruck bestätigt unseren Eindruck von der Stadt. Viel mehr als diese Hauptallee haben wir jedoch von Pereira gar nicht gesehen, denn wir wollten ja etwas in der Natur unternehmen.

Vorab hatten wir uns schon mit dem Hostel in Verbindung gesetzt und sie über unsere geplanten Wochenendaktivitäten informiert. Sie sollten die jeweiligen Sachen für uns telefonisch reservieren (am Telefon sind wir tatsächlich gnadenlos aufgeschmissen (das tiefe in die Augen gucken und das Interpretieren der Lippenbewegungen bei face-to-face-Konversation hilft schon ungemein). Nachdem uns versichert wurde, dass eine Reservierung an ebenjenen Tag genügen würde(tranquilo - die kolumbianische Lebensweisheit), haben wir uns ohne Reservierung auf den Weg nach Pereira gemacht.

Am Samstag wollten wir in die unweit von Pereira gelegenen Thermalbäder fahren. Am Samstagmorgen, bereits mit Bikini, Badehose und Lust darauf in der Sauna zu verglühen, stellte sich jedoch heraus, dass der Bus dorthin bereits ausgebucht sei. Mh, in diesem Fall hat tranquilo nicht zum Erfolg geführt. Unser Hostel-Guy hatte die folgende Idee für uns: Wir könnten die für Sonntag geplante Tour in den Nationalpark auf Samstag vorverlegen und er reserviert und für Sonntag die Thermalbäder. Gesagt, getan. Auf dem Weg zur Bushaltestelle haben wir uns für den gesamten Tag mit Nahrung eingedeckt, da wir unsere Jagdausrüstung nicht dabei hatten. An der Bushaltestelle haben wir einen sehr netten Einheimischen aus Pereira getroffen. Er ist mit uns mit dem Bus bis nach „Florida“ (jaha) gefahren und hat sich sehr nett mit uns unterhalten.

In Florida haben wir dann auf unsere Chiva gewartet. Das heißt übersetzt Ziege und ist in Kolumbien und Ecuador ein verbreitetes Verkehrsmittel, vor allem in ländlicheren Gegenden. Chivas sind bunt bemalt, in diesem Falle mit den Farben der kolumbianischen Flagge. Sie haben die 1,5-fache Breite als normale Verkehrsteilnahme. Es gibt keine Türen, keine Fenster und keine Mittelgang sondern lange, durchgehende Bänke. Wer den Tour mit etwas mehr Adrenalin würzen möchte, kann auch auf dem Dach, ohne Sitzmöglichkeiten, fahren und hoffen, von der 10cm hohen Reling gehalten zu werden. Angesichts der mächtigen Schlaglöcher und der peitschenden Äste haben wir das aber erst einmal gelassen. Die Chivas fahren in abgelegener Orte, die durch den Untergrund für andere Fahrzeugtypen schwer zu erreichen sind. Der gesamte Fahrzeugoberbau besteht aus Holz und wirkt wie ein kleines Gartenhäuschen.

Wenn man diese Chiva zum ersten Mal sieht, ist es schon ein sehr lustiges Gefühl. Sie sehen total fröhlich aus und man sieht lachende Leute auf dem Dach der Chiva. Die Fahrt ist in der Tat abenteuerlich. Man fährt 2,5 Stunden einen Waldpfad entlang. Die Chiva scheint genau so breit wie der Weg zu sein und nicht selten hat man das Gefühl, der Abgrund ins Tal kommt näher. Die Geschwindigkeit beträgt nur maximal 10 km/h aber schneller darf es beim besten Willen auch nicht sein, so sehr schaukelt es. Hat man sich jedoch erstmal dran gewöhnt, ist es wie eine tolle Safaritour durch den beginnenden Dschungel. Mit uns an Board war eine sehr aufgeweckte Pfadpfinder-Truppe. Zur Krönung gab es unterwegs noch eine kleine Affenbande in den Baumkronen zu besichtigen, was, der Reaktion der Einheimischen nach zu urteilen, keineswegs alltäglich zu sein scheint.

Irgendwann waren wir dann in El Cedral angekommen. Hier lag ein Eingang zum Nationalpark Ucumari. Das ca. 42km² große Reservat beheimatet 185 verschiedene verzeichnete Vogelarten. Geplant war eine ca. 2,5 stündige Tour zur ersten Schlafmöglichkeit in La Pastora. Der Aufstieg wurde durch den vom Regen schlammig gewordenen Weg deutlich erschwert aber mit welchen unglaublichen Landschaftseindrücken wir belohnt wurden, lässt diesen Preis als äußerst gering erscheinen.

Nachdem wir einen Fluss erfolgreich überquert hatten, kamen wir dann auf eine unglaubliche Art Hochebene.

Vorbei an handgemolkenen Kühen und Wasserfällen hatte mittlerweile auch die Boy-Scout-Gang mit uns aufgeschlossen und konnten uns bei der Gelegenheit Löcher in den Bauch fragen.

Da die letzte Chiva gegen 5 Uhr zurück fahren sollte und wir nicht sicher waren, ob wir zurück genauso schnell sind, mussten wir leider vor dem „Ziel“ umdrehen. Da wir jedoch vorhaben, die Tour noch einmal zu machen, mit Übernachtung und vielleicht sogar noch einer Etappe mehr, ist das zu vertrösten. Dazu hat uns der Chef der Boy-Scouts, Julian, seine Nummer gegeben und er nimmt uns mit, wohin immer wir gehen wollen, wenn wir wieder in Pereira sind.

Auf dem Rückweg hat sich dann der Ozean, der sich anscheinend in den Wolken zusammengezogen hat, wieder Richtung Erde gemacht und die Wanderpfade wurden zu Bächen und Flüssen. Unsere Regenkleidung hat immerhin die ersten 5 Minuten trocken gehalten.

Die Chiva kam eine halbe Stunde verspätet und der Fahrtwind hat die restliche Wärme aus den Knochen gesogen. Umso mehr hat uns eine warme Mahlzeit und das Bett im Hostel gefallen.






































Am nächsten Tag ging es, mit allem was wir dabei hatten, in die Stadt zum Treffpunkt für die Tour zu den Thermalen. Diesmal war der kleine Bus nicht einmal halb ausgebucht. Zunächst ging es hinaus aus der Stadt, vorbei an hunderten Mountainbikern zu einem an der Straße gelegenen Restaurant für Frühstück.


Nach einigen weiteren Kilometern gab es nur noch Feldweg und wir sind Meter um Meter nach oben geklettert. Wo sonst nur Pferde und geländetaugliche Fahrzeuge eine Chance haben, wurde diesmal ein Bus durch die Landschaft gehetzt.

Die Thermalen bestanden aus drei Becken mit mehr oder weniger Schwefelgeruch sowie zwei Natursaunas. Das Naturbecken, das von den Einheimischen weniger Besucht wurde, war das coolste. Von einem Überhang sind Pflanzen und Äste herunter gehangen und einige Stellen waren brühend heiß. Ein weiteres Becken war noch heißer und gefliest. Für Mittagessen und Snack war gesorgt. Der Snack bestand aus „Panela“, was ein Block aus zerkochtem Rohrzuckersaft ist, welcher in Wasser gelöst wird. Im Prinzip wie überzuckerter Tee. Dazu gab es eine Art Feta aus Kuhmilch. Nachdem ich meine und Julias Portion erfolgreich besiegt hatte, setzte jedoch immer noch keine „Gewöhnung“ an das Gericht ein.

Nach Ankunft in Pereira ging es direkt zum Bus-Terminal und zurück nach Pereira. Dabei war auch ein Polizist, den jedoch die dauerhafte Überschreitung des Tempolimit, Gehupe und Rechtsüberholen nicht wirklich gestört hat.

Mittwoch sind wir in eine neue Wohnung gezogen, die billiger, größer ist und zudem einen noch tolleren Ausblick hat. Zwar gibt es keinen Saftmixer, was mit fast dazu bewegt hat, vom Balkon zu springen. Jedoch kann man für 20€ einen kaufen, was mir als eine gute Alternative erscheint. Nachdem die vielen Hundehaare beseitigt waren, ist es meine schickste Wohnung, bisher.

Die eigentliche Bewohnerin, Margarita, geht für 3 Monate nach Argentinien, zu ihrem Freund.

Zum Einzug gab es auch direkt ein atemberaubendes Gewitter, das zudem Schäden am Stromnetz und Überschwemmungen hinterlassen hat.



Dieses Wochenende waren wir Freitags mit Luis-Miguel, der jetzt unser Nachbar ist, und seiner Freundin bowlen. Die Sache läuft nicht anders wie bei uns, außer dass man keine automatische Auswertung hat und am Ende jeder Bahn ein halbnackter Jüngling umherspringt, der die Bowlingkugel aufsammelt und die Kegel wieder aufstellen muss.

Für Samstag hat Luis-Miguels Mutter einen Hundegeburtstag für ihren Hund, samt Hundetorte, Hundehüten und Hundeluftballons organisiert. Der kleine Vierbeiner wird ja auch nur einmal 1 Jahr alt.

Die Feier fand im Park, direkt hinter unserem Haus statt und alle Hundebesitzer waren eingeladen. Also hatten wir am Ende ca. 10 Hunde und ein paar mehr Leute. Für die Zweibeiner war natürlich auch mit Snacks, Bier, Süßem und Rum gesorgt. Wegen der anstehenden Wahl am Folgetag war eigentlich ab 6 Uhr Alkoholkonsum untersagt, die Polizisten in der kleinen, 10 Meter entfernten Polizei Station hatten jedoch offensichtlich andere Probleme, auch wenn mir keine aufgefallen sind. Außerdem haben sie auch zwei Hunde zu der Party beigesteuert, da sie sich herzerwärmend um zwei Straßenhunde kümmern.

Nachdem der Hundekuchen vernichtet war, haben wir mit einigen Leuten zu Luis-Miguel in die Wohnung zurück gezogen. Dazu gab es noch etwas Aguardiente und einen Liter Vodka. Zusammen mit dem Liter Rum kamen wir für eine 8 Mann starke Truppe doch auch recht viel Feuerwasser. Konsumiert wurde der Brand natürlich ungemischt.

Für den kleinen Hunger gab es noch frittierte Wurst mit Pommes. Ich meine auch irgendwo ein Vitamin darin gefunden zu haben.

Da Julia anscheinend eine kleine Allergie gegen zu viel Hund entwickelt hatte, war für sie gegen 11 Uhr Schluss. Um spätestens 1 Uhr konnte auch ich nicht mehr wirklich stehen, so dass hinlegen nach einer guten Idee klang.


So viel von den vergangen Wochen. Arbeit geht bei uns beiden gut voran und nächstes Wochenende wollen wir den Vulkan um die Ecke attackieren.

Freitag, 2. Mai 2014

Schmetterlinge, Orchideen und Gründerväter

Mittlerweile sind doch schon ein paar Tage ins Land gegangen und es lässt sich so langsam etwas wie Alltag erahnen. Wir haben uns seither etwas mit der spärlichen Kochausrüstung arrangiert und das eine oder andere hinzu gekauft. Zur Zutaten-Grundausrüstung gehört von nun an: Kochbananen, Arepas, Käse, Butter, Salz, Avocados, Toast, Mangos, Tomaten. Hinzu kommen natürlich wechselnde Gaumenschmäuse in diversen Ausführungen. Von Guave, Curuba und Lulos lassen wir schon die Finger, weil die Dinger so sauer sind, dass man sie wirklich nur mit kiloweise Zucker genießen kann.

Die restliche Zeit haben wir also fleißig gearbeitet und die billigen Mittagessen (almuerzos ejecutivos) in unserer Umgebung abgeklappert. Dieses besteht i.d.R. aus einer Art Kartoffelsuppe, einem Hauptgang mit Reis, Fleisch und Gemüse/ Salat und einem frisch gepressten Saft. Das ganze ist ab 5000 COP, also 1,90€ zu haben, und somit fast günstiger, als wenn wir selbst kochen würden.
Am Freitag haben wir Luis Miguel und seine Freundin Estefanía eingeladen und dafür mal einen Pack des heimischen Rums gekauft. Den Rum gibt es hier im Tetrapack und er deswegen nicht schlecht werden kann ( ;-) ), haben wir uns direkt einen ganzen Liter gekauft. Um jedoch jegliches Risiko auf eine Magenverstimmung zu umgehen, haben wir das gute Stück dann doch direkt geleert. Da in Kolumbien die Mädels auch direkt den Schnapps pur trinken, musste man sich auch nicht übernehmen.

Am späten Abend wurden noch ein paar Kolumbianische Tanz-Moves ausgepackt. Weniger von mir, als von unseren Gästen, versteht sich. Aber mit ein wenig Übung, sieht das ganze vielleicht auch nicht mehr aus wie bei einem Baumstamm...

Samstag hatte die Fußballmannschaft "Once Caldas" ein wichtiges Spiel gegen Intependiente Santa Fe. Es ging um den Einzug ins Halbfinale der Liga Postobón, des wichtigsten Turnieres im Land. Man hat uns von mehreren Seiten gesagt, wir sollen während dieser Zeit lieber nicht auf die Straße da viele Gesellen aus den "gefährlicheren", sozial schwächeren Vierteln zum Stadion, genau bei uns um die Ecke lockt. Alkohol und Gruppendynamik wären die weiteren Zutaten für eine unangenehme Begegnung.
Aus diesem Grund haben wir uns Vormittags noch schnell mit Avokados und weiteren Lebensmitteln eingedeckt und haben den Tag in der Wohnung relaxed.
Die Jungs aus Manizales haben das Spiel übrigens 1:4 verloren.

Für Sonntag haben wir uns verabredet, um in einen kleinen Park, in der Nähe von Manizales zu gehen: Recinto del Pensamiento. Nach einer kleinen Eintrittsgebühr konnten wir uns zunächst auf dem Gelände bewegen, bis die nächste geführte Tour beginnen konnte. Auf dem Gelände steht auch ein Bambus-Pavillon von einem Architekten aus Manizales welcher für die Expo 2000 in Hannover nachgebaut wurde. Dort musste er jedoch nach Ende der Expo wieder demontiert werden, da es den deutschen Schädlingen offensichtlich nicht gewachsen ist.
Aus Mangel an Besuchern waren wir nur zu viert bei der Tour, was der Sache eine exklusive Note gab. Unser junger, netter Guide Sebastien führte uns zunächst in den "Garten der Aromen". Der Kräutergarten hatte jegliche, wohlriechenden Kräuter zu bieten, und zu jedem gab es einen Verwendungstipp von Sebastien mitgeliefert. Anschließend ging es in den regenwaldartigen Teil des Parkes. Für Leute, denen als Hinweis nicht reicht, dass plötzlich alles mit grünen Pflanzen zugewuchert war, wurde es auch noch direkt merklich um 2°C kälter. Sebastien hat insgesamt mit ziemlich vielen Wörtern um sich geworfen, jedoch alle auf Spanisch. Einerseits gut für uns, um sich daran zu gewöhnen. Auf der anderen Seite ist uns bestimmt die eine oder andere Information durch die Lappen gegangen.
Im nächsten Bereich gab es nun endlich meine ersten Kolibris, auf die ich mich ja ganz besonders gefreut habe. Ich würde auch direkt mit ein paar Bilder protzen. Leider sind die kleinen Flattermänner aber so zügig unterwegs, dass ich nichts vorzeigen kann. Dies ist jedoch auch der Grund, wieso sie so oft bei den Zuckerwasserspendern vorbei schauen. Die Herzfrequenz der kleinen Brummer liegt bei 400 bis 500 Schlägen pro Minute. Ein hundsnormaler Mensch hat im Vergleich eine Frequenz von 50-100. Da die Kolibris also den ganzen Tag im Turbo laufen, brauchen sie auch entsprechend Kalorien. Dieses bekommen sie in der Natur aus den Blüten vieler Pflanzen oder, wie hier, aus den Spendern.
Um  im Schlaf keinen Hungertod zu sterben, können Kolibris ihre Herzfrequenz sehr stark absenken. Wahrscheinlich nicht die dümmste Idee, die sie jemals hatten.

Die nächste Station der Führung ging durch einen kleinen japanischen Bonsaigarten. Die Botaniker hatten viele Baumarten in Miniaturform herangezüchtet. Einige von ihnen schon ein halbes Jahrhundert alt.
Danach ging es dann in das Schmetterlingshaus. Die vielen, bunten Falter haben schwer Eindruck gemacht und wenn mann seinen Finger angeleckt hat, konnte man sogar den einen oder anderen Schmetterling auf die Hand nehmen.


Zum Abschluss ging es noch einmal in ein Waldstück, in dem es einige Orchideen gab, für die Kolumbien ja sehr bekannt ist. Die Blumen tragen Namen wie Buffalo und Dracula, sehen jedoch sehr filigran und anschaulich aus.


Nach dem Park ging es gut essen und anschließend in einen weiteren Park. Diesmal ein öffentlicher Park für die Menschen aus Manizales. Man kann dort ins Schwimmbad, Quad fahren, auf dem Spielplatz herumtoben, Fußball und Volleyball spielen oder an der Tischtennisplatte bzw. auf dem Tennisplatz die Schläger schwingen. Gemütlich ein Buch lesen war, soweit ich das überblicken konnte, auch nicht verboten.

Wir haben uns dazu entschlossen auf dem roten Sand ein paar Bälle zu schlagen. Für 7000 COP gehörten uns zwei Schläger, ein paar Bälle und ein Platz für eine Stunde. Das Talent in unserer kleinen 4er-Mannschaft war eher mäßig, was den Spaß aber nicht gedämpft hat.

Sonntags werden in vielen Städten Kolumbiens übrigens Teile der Hauptstraßen gesperrt, damit sich die Bevölkerung dort sportlich austoben kann. Eine sehr angenehme Sache, meiner Meinung nach.


Montag bis Mittwoch war wieder Arbeiten angesagt, was nach wie vor großen Spaß macht.

Den freien Donnerstag wollten wir nutzen, um ein paar Museen in Manizales zu besuchen. Das erste Museum, gleich bei uns um die Ecke ist ein Archeologie-Museum. Ich hatte erwartet ein bisschen etwas über die alten Kulturen Kolumbiens zu erfahren. Leider war das Museum geschlossen und ich konnte mein Hirn direkt wieder zum schwitzen benutzen.
Das nächste Ziel war das Goldmuseum, welches gleich in der Nähe der Kathedrale sein sollte. Den Weg dorthin haben wir uns mit ein paar typischen Leckereien und Obst schmackhaft gemacht. Außerdem war unterwegs die Seilbahnstation (El cable). Und da die Fahrt nur 1500 COP pro Nase kostet, konnten wir dazu nicht nein sagen. Also sind wir den ganzen Weg nach unten gegondelt, haben eine Runde in der Station gedreht und sind direkt wieder nach oben, ohne ein weiteres Ticket lösen zu müssen. Auf der Fahrt nach oben hatten wir noch ein altes Pärchen bei uns in der Gondel, mit denen wir ein netten Pläuschchen über Gott und die Welt halten konnten. Die Gondel geht hinweg über eine alte, verlassene Fabrik und Bananenstauden. Das Pärchen hat uns außerdem einen grünen Hang gezeigt, an dem vor einigen Jahren noch viele Häuser standen. Durch einen Erdrutsch mit vielen Toten wurden diese jedoch alle dem Erdboden gleich gemacht.

















Das Goldmuseum konnten wir im Anschluss leider auch nicht finden und so sind weiter Richtung des Monuments, welches als Ende unserer Tour eingeplant war.
Nach ein paar Höhenmetern und vorbei am "torro chipre" hatten wir unser Ziel erreicht. Das "Monumento a los colonizadores" wurde zwischen 1997 und 2002 vom Künstler Luis Guillermo Vallejo erbaut und liegt am höchsten Punkt des Stadtteils Chipre, weswegen man eine unglaubliche Aussicht auf das Umland und die Stadt hat. Das Monument aus Bronze spiegelt die mühsame Kolonialisierung des Staates Antioquia wieder, was schlussendlich zur Gründung der Stadt führte. Der erste Teil der Darstellung, "der Todeskampf" zeigt den anstrengenden Weg durch die zerklüfteten Berge des "Cordillera Central", dem höchsten der drei andischen Gebirgsäste in Kolumbien.
Im zweiten Teil "el Éxtasis" wird die Freude und der Triumph dieses Vorhabens dargestellt.





Dienstag, 22. April 2014

Nach dem Vergnügen kommt die Arbeit

Michel hatte heute sein erstes Treffen mit seinem Betreuer an der Uni. Es ist super gelaufen. Der Professor scheint ein sehr netter, lässiger und entspannter Typ zu sein. Michel hat keine festen Arbeitszeiten. Er muss nur so da sein, dass er sein Arbeitspensum schafft. Ich versuche mal kurz, seine Arbeit zu beschreiben. In Kolumbien werden ja viele Kochbananen (platanos) gegessen. Dabei entstehen viele Abfallprodukte und diese sollen Michel und Miguel nun auf ihre Verwendbarkeit zur Ethanolherstellung überprüfen. Der Prof möchte im Anschluss an die Arbeit ein paper veröffentlichen und Michel wird dann als Mitarbeitender mitgenannt. Wusste ich doch, dass son Ingenieursfreund durchaus seine Vorteile hat. ;)
Ich werde Michel ab und zu zur Uni, zum Spanischlernen begleiten. In der Unibibliothek gibt es nämlich extra „Arbeitsplätze“, wo man sich spanische Filme angucken kann, so als Entspannung. Diese „Entspannung“ nutzen wir die nächsten Tage gleich mal und tun dabei was für unser Spanisch.
Auch für mich war der heutige Tag professionell gesehen sehr erfolgreich. In der allianca francesa kann ich ein Praktikum machen. ;) Sie sind sehr begeistert, dass ich dort ein Praktikum machen will. Die Verantwortliche ist vor Lobpreisungen gar nicht mehr geworden. Ich werde als gleichwertige Lehrerin angesehen, darf alle duzen und auf die wöchentlichen Trinkabende soll ich sowieso mitgehen. Das Personal besteht aus 10 Lehrern, davon zwei Französinnen. Die eine wurde nicht mehr, als sie erfuhr, dass ich Deutsche bin, weil sie Deutsch so liebt. Ein paar der Kollegen sprechen nur spanisch. Die wurden gleich mal als Mir-Spanisch-beibring-Opfer auserkoren und immer wenn ich Lust habe, darf ich die nerven. Es gibt total viele Weiterbildungen, in denen man gemeinsam berät, was man zu bestimmten Themen im Unterricht so machen kann. Die Ideen werden dann in einem Ordner gesammelt und wenn einem mal nix einfällt, kann man da schnell reinschauen. Ich glaube, ich lern in dem Praktikum megaviel und bin einfach nur krass happy und erleichtert. Alle die, die wissen, wies mir vorher ging, denken sich jetzt bestimmt: Typisch Jule, umsonst Stress geschoben aber naja. Langweilig wird’s definitiv nicht. Ne Masterarbeit gibt’s ja auch noch ne?;)
Heute Abend war ich dann in der deutschen Sprachschule. Ute hat mir gleich erzählt, dass es einen Schüler gibt, der Privatstunden möchte. Da sie ausgelastet ist, hat sie ihm gleich meine E-Mail-Adresse gegeben. Gibt’s also auch noch was für die Reisesparbüchse. Die kolumbianischen Schüler sind toll, einfach nur toll. Sie grinsen einen an, freuen sich, dass man da ist und wollen einfach nur deutsch lernen. Ich glaub mit denen habe ich auch meinen Spaß. Ein Schüler (Schüler klingt so jung- sie sind ja teilweise schon über 25) blieb nach dem Unterricht da und fragte ganz schüchtern: „Darf ich was auf Englisch sagen?“, um uns dann mitzuteilen, dass wir ihn jederzeit um Rat fragen dürften, wenn wir ein Problem haben. Ich glaube ja, er hat von unserer einladenden Dachterrasse gehört, auf der wir am Freitag mit Miguel ein paar gute deutsche Bierle zischen wollen und möchte sich anschließen. Oder er ist einfach nur der liebste Mensch der Welt, sowie alle hier.
Kulinarisch haben wir heute keine Glanzleistungen vollführt. So eine Kochnische mit zwei Herdplatten ist doch nicht das Gleiche, wie meine Küche in Dresden und Lyon. Zum Abendbrot haben wir versucht, Kochbananen zu frittieren. Ein halber Liter Öl tut uns jedoch in der Seele weh und deshalb wurden sie natürlich nicht so geil wie am Sonntag bei Miguel und seiner Freundin.
Abgerundet wurde der Tag von einem herrlichen Gewitter in den fernen Andenhöhen




Liebe Grüße von zwei äußerst glücklichen Deutschen in Kolumbien, die ihr Glück, hier zu sein und bereits so integriert zu sein noch nicht fassen können und deshalb überglücklich ins Bett gehen.

Nationalhelden und kolumbianische Kühe

Die ersten Tage "allein"


Wegen des Jetlags waren wir auch am Samstag schon sehr zeitig wach. Das Frühstück im Hostel besteht aus zwei Scheiben Toast mit je einer Scheibe Käse und Schinken sowie etwas Rührei. Dazu gab es ein paar Scheiben Apfel oder Passionsfrucht, eine heiße, viel zu süße, Schokolade und wahlweise Kaffee.
Da wir nicht wirklich viel vor hatten an dem Tag, sind wir die Sache ruhig angegangen. Als der Hunger uns dann doch auf die Straßen gelockt hat sind wir, wie schon am Vortag, die Hauptstraße "La Calle de Santander" vor gelaufen. Da es sehr viele kleine Restaurants gibt, jedoch so gut wie nichts traditionelles, haben wir uns einen Burger mit Soda und Kaffee bestellt. Das Ganze für 4800 COP also ca. 1,80€. Kann man sich also mal wieder leisten.
Anschließend ging es in gemächlichem Tempo wieder vor bis zur "Cathedral de Manizales", die mit ihrer eher einfachen Betonbauweise zwar nicht sonderlich schön, aber dafür stark genutzt ist. Man kann auch auf den 113m hohen Turm steigen, der dritt größte in Lateinamerika. Das haben wir uns jedoch wegen der schlechten Weitsicht für ein anderes Mal aufgehoben. Hinter der Kirche befindet sich das Regierungsgebäude des Bezirks "Caldas" sowie der Plaza de Bolívar, benannt nach Simón Bolívar. Der Kerl führte Ende des 18. Jahrhunderts die südamerikanische Unabhängigkeitsbewegung gegen die spanische Kolonialmacht an was ihn zum Nationalheld in vielen südamerikanischen Staaten machte und den Beinamen "El Libertador" einbrachte.


Nationalheld Simón Bolívar
"Es ist Zeit zu Gott zu fliegen" - aber nicht heute...

Plaza de Bolívar

Auf dem Rückweg ging es nochmal in den Supermarkt um uns ein paar exotische Früchte zu kaufen. Eine rote Ananas für weniger als 50 Cent. Eine Baumtomate, die wir uns roh reingelöffelt haben, was sich später als falsch heraus stellte. Der Geschmack war trotzdem interessant, jedoch sehr sauer. Eine Granadilla, die man wie ein Ei aufschlagen muss. Darin finden sich, ähnlich des Granatapfels viele Kerne mit Fruchtfleisch umschlossen. Der Geschmack ist super-exotisch und die Körner sind sehr knackig und passen gut dazu.
Auch haben wir eine Guave geholt, jedoch noch nicht gegessen, da sie noch nicht reif war.

Guave (Guayaba)
Baumtomate (Tamarillo)
Damit hat sich auch der zweite Tag in Manizales dem Ende zu geneigt.



Für den nächsten Tag war Wandern auf dem Plan. Dazu hatten wir uns von Luis Miguel noch ein paar Informationen an Vortag eingeholt. Da er meinte, wir würden uns auf den meisten Wegen verlaufen und sterben, blieb nur noch eine geteerte Straße hoch in die Berge. Nach dem Frühstück ging es pünktlich um 10 Uhr los. Das Wetter war zunächst angenehm, wurde jedoch schwüler und schwüler.
Nachdem wir unterwegs noch ein paar Empanadas für Jule geholt haben, damit sie nicht unterwegs eine Böschung runterflutscht, hatten wir nach 15 Minuten den Stadtrand erreicht. Von dort ging es stetig höher und die Farne wurden größer. Es gab viele Kühe und kleine Häuschen zu sehen, viele, viele Hunde und zudem einige Häuser von eher betuchteren Menschen. Insgesamt erinnerte der Anblick an die Alpen, wenn man mal von der Vegetation absieht.





Neben uns waren viele sportliche Kolumbianer mit Mountainbikes unterwegs, so dass man das "Bueanos dias" am Ende verinnerlicht hatte.
Da wir die Straße nicht verlassen wollten sind wir sie bis zum Ende gelaufen, welches nach ca. 2,5 Stunden erreicht war. Der Rückweg ging schnell, auch weil wir auf halber Strecke rast in einem kleinen Restaurant gemacht haben. Es gab nur vier Tische im Garten, einen selbstgebauten Grill und ein 30m²-Haus.
Der werte Gastwirt bot uns direkt  irgendein fleischiges Gericht an dessen genauen Wortlaut niemand verstehen konnte, aber wir haben es trotzdem genommen. Dazu gab es wiedermal Kaffee und einen frischen Grapefruit-Saft der wieder ziemlich gezuckert war. Nachdem wir ihm klar gemacht haben, dass wir keine Amerikaner sind und das Jules Fleisch "muy hecho" und meines "mas o menos" sein sollte, konnte der Schmaus auch direkt losgehen. Wir haben also ein großes, saftiges Stück Rindfleisch bekommen, dazu Reis, eine Kartoffel und eine "Arepa", so eine Art Maisküchlein. Das Gericht war zwar etwas teurer, aber dafür auch sehr lecker. Und 3,70€ (10.000 COP) sind auch trotzdem nicht die Welt.


Mittlerweile hatte es geregnet und das Klima war recht angenehm. Da wir auch die letzten Gäste waren, konnten wir uns noch etwas mit dem Besitzer unterhalten. Er kannte Angela Merkel, die mächtiste Frau der Welt, aber sonst nicht viel.
So langsam zog auch ein Gewitter auf, weswegen wir uns schnell auf den Heimweg machten. Im Hostel hatte Luis Miguil bereits eine SIM-Karte hinterlegt. Keine 10 Minuten später hat er uns auch direkt angerufen. Da seine Freundin, die über die Ferien bei ihren Eltern, ca. 3 Stunden entfernt, gewohnt hatte, wieder in der Stadt war, hat er uns vorgeschlagen eine Kleinigkeit Trinken zu gehen.
Nach ein wenig Eingewöhnungszeit ging es einigermaßen gut mit dem Spanisch. Und zur Not konnte man ja Luis Miguel um Rat fragen. Eine kleine Französischeinlage von Jule hat direkt zwei alte Franzosen aus Lyon auf den Plan gerufen. Diese versuchen ein Austauschprogramm zwischen den Universitäten in Lyon und Manizales ins Leben zu rufen. Da Jule sich jedoch laut Pass doch nicht als Französin heraus gestellt hatte, wurde nur etwas Small-Talk ausgetauscht. Mittlerweile waren alle hungrig geworden, so dass die beiden Einheimischen vorgeschlagen hatten, etwas bei Estefanía zu kochen, da sie nur wenige Meter von unserem Hostel entfernt wohnt.
Also habe wir uns im Supermarkt noch flott ein paar Kochbananen, Tomaten, Lulos, Würstchen und  Käse geholt.
Während die beiden das Kochen übernommen haben, haben wir in Ruhe zu ein paar Salsa-Tunes gechillt.
Die Kochbananen wurden frittiert, gemanscht und zu Küchlein geformt und nochmals frittiert. Die Würstchen wurde mit den Tomaten, Zwiebeln und Knoblauch etwas eingekocht, der Käse wurde aufgeschnitten. Dazu gab es Lulo-Saft.
Man belegt nun die mehrfach frittierten Kochbananen wie man möchte mit Kuchen und dem Eingekochten, wie ein Stück Brot. Wieder sehr fettig und "muy rico"
Da wir irgendwann zu müde zum Spanisch sprechen waren, wurde der Heimweg angebrochen.




















Universidad Nacional

Für den heutigen Tag haben wir uns für 9 Uhr mit Luis Miguel an der Uni verabredet. Der Campus ist noch relativ neu und es gibt auch noch einige Baustellen. Aber insgesamt ist alles sehr hübsch gemacht und es herrscht ein gutes Flair.
Für die Chemie-Ingenieure gibt es tatsächlich ein eigenes, 16-Monate altes Gebäude mit viel Platz. Professor Fontalvo war leider nicht da, aber dafür zwei Studenten die auch in seiner Forschungsgruppe arbeiten. Diese haben uns ins Labor gelassen, welches noch lange nicht gefüllt ist aber sehr großzügig aufgebaut ist. Dort werde ich meinen eigenen Perkolator-Reaktor mit Ofen und HPLC haben. Zusätzlich gibt es noch einige Arbeitsplätze mit Highspeed-Internet. Ich habe auf jeden Fall richtig Lust auf die Arbeit bekommen.
Die Bibliothek ist ebenfalls ganz neu und bietet eine riesige Fensterfront mit Blick auf die Berge.

Übrigens werden in Kolumbien augenscheinlich keine Regeln befolgt, auch wenn es sie gibt. Das fängt bei Anschnallen, über rote Ampeln gehen und Alkohol in der Öffentlichkeit an und hört damit auf, dass in der Uni fleißig aus den Büchern kopiert wird. Aber irgendwie funktioniert ja doch alles mehr oder weniger.

Da sich mittlerweile auch unsere Vermieterin gemeldet hatte, war für 12:00 Uhr der Umzug geplant.
Die Wohnung ist nicht all zu groß, ca. 24m², mit kleinem Bad und eingebauter Küche. Dafür gibt es aber eine große, private Terrasse und Dank des Sicherheitsmannes brauchen wir nie selbst die Wohnungstür aufmachen.

Gegen Abend ging es noch in die Deutschschule, die, wie sich nach einiger Rumfragerei, direkt bei uns um die Ecke ist. Die Schulmaterialien sind schon etwas älter, aber dies liegt wohl daran, dass die Schulbesitzerin bereits seit mehr als 30 Jahren in Manizales lebt. Weil sie  schon so viel für das Land getan hat, wurde ihr als Ehrung die kolumbianische Staatsbürgerschaft geschenkt. Gegen Ende ist es doch noch zu ein wenig Small-Talk gekommen, außerdem dürfen wir sie nun duzen und Jule hat eine Hand voll Unterlagen bekommen. Zudem darf Jule jetzt abends für die Stunden immer hospitieren kommen, wobei sie sich jeweils Gedanken machen soll, wie man den Schülern beim Lernen helfen könnte.



Insgesamt also ein sehr erfolgreicher Tag.