Dienstag, 22. April 2014

Nationalhelden und kolumbianische Kühe

Die ersten Tage "allein"


Wegen des Jetlags waren wir auch am Samstag schon sehr zeitig wach. Das Frühstück im Hostel besteht aus zwei Scheiben Toast mit je einer Scheibe Käse und Schinken sowie etwas Rührei. Dazu gab es ein paar Scheiben Apfel oder Passionsfrucht, eine heiße, viel zu süße, Schokolade und wahlweise Kaffee.
Da wir nicht wirklich viel vor hatten an dem Tag, sind wir die Sache ruhig angegangen. Als der Hunger uns dann doch auf die Straßen gelockt hat sind wir, wie schon am Vortag, die Hauptstraße "La Calle de Santander" vor gelaufen. Da es sehr viele kleine Restaurants gibt, jedoch so gut wie nichts traditionelles, haben wir uns einen Burger mit Soda und Kaffee bestellt. Das Ganze für 4800 COP also ca. 1,80€. Kann man sich also mal wieder leisten.
Anschließend ging es in gemächlichem Tempo wieder vor bis zur "Cathedral de Manizales", die mit ihrer eher einfachen Betonbauweise zwar nicht sonderlich schön, aber dafür stark genutzt ist. Man kann auch auf den 113m hohen Turm steigen, der dritt größte in Lateinamerika. Das haben wir uns jedoch wegen der schlechten Weitsicht für ein anderes Mal aufgehoben. Hinter der Kirche befindet sich das Regierungsgebäude des Bezirks "Caldas" sowie der Plaza de Bolívar, benannt nach Simón Bolívar. Der Kerl führte Ende des 18. Jahrhunderts die südamerikanische Unabhängigkeitsbewegung gegen die spanische Kolonialmacht an was ihn zum Nationalheld in vielen südamerikanischen Staaten machte und den Beinamen "El Libertador" einbrachte.


Nationalheld Simón Bolívar
"Es ist Zeit zu Gott zu fliegen" - aber nicht heute...

Plaza de Bolívar

Auf dem Rückweg ging es nochmal in den Supermarkt um uns ein paar exotische Früchte zu kaufen. Eine rote Ananas für weniger als 50 Cent. Eine Baumtomate, die wir uns roh reingelöffelt haben, was sich später als falsch heraus stellte. Der Geschmack war trotzdem interessant, jedoch sehr sauer. Eine Granadilla, die man wie ein Ei aufschlagen muss. Darin finden sich, ähnlich des Granatapfels viele Kerne mit Fruchtfleisch umschlossen. Der Geschmack ist super-exotisch und die Körner sind sehr knackig und passen gut dazu.
Auch haben wir eine Guave geholt, jedoch noch nicht gegessen, da sie noch nicht reif war.

Guave (Guayaba)
Baumtomate (Tamarillo)
Damit hat sich auch der zweite Tag in Manizales dem Ende zu geneigt.



Für den nächsten Tag war Wandern auf dem Plan. Dazu hatten wir uns von Luis Miguel noch ein paar Informationen an Vortag eingeholt. Da er meinte, wir würden uns auf den meisten Wegen verlaufen und sterben, blieb nur noch eine geteerte Straße hoch in die Berge. Nach dem Frühstück ging es pünktlich um 10 Uhr los. Das Wetter war zunächst angenehm, wurde jedoch schwüler und schwüler.
Nachdem wir unterwegs noch ein paar Empanadas für Jule geholt haben, damit sie nicht unterwegs eine Böschung runterflutscht, hatten wir nach 15 Minuten den Stadtrand erreicht. Von dort ging es stetig höher und die Farne wurden größer. Es gab viele Kühe und kleine Häuschen zu sehen, viele, viele Hunde und zudem einige Häuser von eher betuchteren Menschen. Insgesamt erinnerte der Anblick an die Alpen, wenn man mal von der Vegetation absieht.





Neben uns waren viele sportliche Kolumbianer mit Mountainbikes unterwegs, so dass man das "Bueanos dias" am Ende verinnerlicht hatte.
Da wir die Straße nicht verlassen wollten sind wir sie bis zum Ende gelaufen, welches nach ca. 2,5 Stunden erreicht war. Der Rückweg ging schnell, auch weil wir auf halber Strecke rast in einem kleinen Restaurant gemacht haben. Es gab nur vier Tische im Garten, einen selbstgebauten Grill und ein 30m²-Haus.
Der werte Gastwirt bot uns direkt  irgendein fleischiges Gericht an dessen genauen Wortlaut niemand verstehen konnte, aber wir haben es trotzdem genommen. Dazu gab es wiedermal Kaffee und einen frischen Grapefruit-Saft der wieder ziemlich gezuckert war. Nachdem wir ihm klar gemacht haben, dass wir keine Amerikaner sind und das Jules Fleisch "muy hecho" und meines "mas o menos" sein sollte, konnte der Schmaus auch direkt losgehen. Wir haben also ein großes, saftiges Stück Rindfleisch bekommen, dazu Reis, eine Kartoffel und eine "Arepa", so eine Art Maisküchlein. Das Gericht war zwar etwas teurer, aber dafür auch sehr lecker. Und 3,70€ (10.000 COP) sind auch trotzdem nicht die Welt.


Mittlerweile hatte es geregnet und das Klima war recht angenehm. Da wir auch die letzten Gäste waren, konnten wir uns noch etwas mit dem Besitzer unterhalten. Er kannte Angela Merkel, die mächtiste Frau der Welt, aber sonst nicht viel.
So langsam zog auch ein Gewitter auf, weswegen wir uns schnell auf den Heimweg machten. Im Hostel hatte Luis Miguil bereits eine SIM-Karte hinterlegt. Keine 10 Minuten später hat er uns auch direkt angerufen. Da seine Freundin, die über die Ferien bei ihren Eltern, ca. 3 Stunden entfernt, gewohnt hatte, wieder in der Stadt war, hat er uns vorgeschlagen eine Kleinigkeit Trinken zu gehen.
Nach ein wenig Eingewöhnungszeit ging es einigermaßen gut mit dem Spanisch. Und zur Not konnte man ja Luis Miguel um Rat fragen. Eine kleine Französischeinlage von Jule hat direkt zwei alte Franzosen aus Lyon auf den Plan gerufen. Diese versuchen ein Austauschprogramm zwischen den Universitäten in Lyon und Manizales ins Leben zu rufen. Da Jule sich jedoch laut Pass doch nicht als Französin heraus gestellt hatte, wurde nur etwas Small-Talk ausgetauscht. Mittlerweile waren alle hungrig geworden, so dass die beiden Einheimischen vorgeschlagen hatten, etwas bei Estefanía zu kochen, da sie nur wenige Meter von unserem Hostel entfernt wohnt.
Also habe wir uns im Supermarkt noch flott ein paar Kochbananen, Tomaten, Lulos, Würstchen und  Käse geholt.
Während die beiden das Kochen übernommen haben, haben wir in Ruhe zu ein paar Salsa-Tunes gechillt.
Die Kochbananen wurden frittiert, gemanscht und zu Küchlein geformt und nochmals frittiert. Die Würstchen wurde mit den Tomaten, Zwiebeln und Knoblauch etwas eingekocht, der Käse wurde aufgeschnitten. Dazu gab es Lulo-Saft.
Man belegt nun die mehrfach frittierten Kochbananen wie man möchte mit Kuchen und dem Eingekochten, wie ein Stück Brot. Wieder sehr fettig und "muy rico"
Da wir irgendwann zu müde zum Spanisch sprechen waren, wurde der Heimweg angebrochen.




















Universidad Nacional

Für den heutigen Tag haben wir uns für 9 Uhr mit Luis Miguel an der Uni verabredet. Der Campus ist noch relativ neu und es gibt auch noch einige Baustellen. Aber insgesamt ist alles sehr hübsch gemacht und es herrscht ein gutes Flair.
Für die Chemie-Ingenieure gibt es tatsächlich ein eigenes, 16-Monate altes Gebäude mit viel Platz. Professor Fontalvo war leider nicht da, aber dafür zwei Studenten die auch in seiner Forschungsgruppe arbeiten. Diese haben uns ins Labor gelassen, welches noch lange nicht gefüllt ist aber sehr großzügig aufgebaut ist. Dort werde ich meinen eigenen Perkolator-Reaktor mit Ofen und HPLC haben. Zusätzlich gibt es noch einige Arbeitsplätze mit Highspeed-Internet. Ich habe auf jeden Fall richtig Lust auf die Arbeit bekommen.
Die Bibliothek ist ebenfalls ganz neu und bietet eine riesige Fensterfront mit Blick auf die Berge.

Übrigens werden in Kolumbien augenscheinlich keine Regeln befolgt, auch wenn es sie gibt. Das fängt bei Anschnallen, über rote Ampeln gehen und Alkohol in der Öffentlichkeit an und hört damit auf, dass in der Uni fleißig aus den Büchern kopiert wird. Aber irgendwie funktioniert ja doch alles mehr oder weniger.

Da sich mittlerweile auch unsere Vermieterin gemeldet hatte, war für 12:00 Uhr der Umzug geplant.
Die Wohnung ist nicht all zu groß, ca. 24m², mit kleinem Bad und eingebauter Küche. Dafür gibt es aber eine große, private Terrasse und Dank des Sicherheitsmannes brauchen wir nie selbst die Wohnungstür aufmachen.

Gegen Abend ging es noch in die Deutschschule, die, wie sich nach einiger Rumfragerei, direkt bei uns um die Ecke ist. Die Schulmaterialien sind schon etwas älter, aber dies liegt wohl daran, dass die Schulbesitzerin bereits seit mehr als 30 Jahren in Manizales lebt. Weil sie  schon so viel für das Land getan hat, wurde ihr als Ehrung die kolumbianische Staatsbürgerschaft geschenkt. Gegen Ende ist es doch noch zu ein wenig Small-Talk gekommen, außerdem dürfen wir sie nun duzen und Jule hat eine Hand voll Unterlagen bekommen. Zudem darf Jule jetzt abends für die Stunden immer hospitieren kommen, wobei sie sich jeweils Gedanken machen soll, wie man den Schülern beim Lernen helfen könnte.



Insgesamt also ein sehr erfolgreicher Tag.  

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