Dienstag, 22. April 2014

Stuttgart - Atlanta - Bogotá - Manizales

Stolperstart


Die Reise fing erst mal mit viel Herzrasen und Schweiß an. Nachdem das Online-Einchecken für den Flug nicht funktionierte musste die Hotline der Fluggesellschaft herhalten. Der Hans am anderen Ende erzählte mir dann zunächst dass wir für die Einreise in die USA, auch wenn nur zum Umsteigen, ein ESTA-Visum hätten beantragen müssen. Ohne ESTA, kein Abflug. Außerdem gilt das ESTA nur 90 Tage. Wenn wir also 5 Monate später wieder nach Hause wollen, geht das nicht über die USA oder es geht schon gar nicht los. Hansis fachmännischer Tipp: US Botschaft anrufen und fragen was ich machen kann. Zu diesem Zeitpunkt waren es noch ca. 20 Stunden bis zum Flug.
Eine Nummer der Botschaft mit der einem bei Visa-Problemen geholfen wird war schnell gefunden. Nach einigen Bandaufnahmen und Navigieren durch das Telefonmenü das ernüchternde Ergebnis: Man bekommt keine Person an die Leitung, nur eine Bandaufnahme mit Informationen über ESTA, die mir 30 Sekunden Google aber bereits gegeben hatte.
Die Zeit schritt gemütlich weiter Richtung Abflug. Alles was mir zu diesem Zeitpunkt noch einfiel war, das ESTA online zu beantragen und sehen, was passiert.
Das Formular war relativ schnell mit Pass-Informationen und dämlichen Fragen wie, „Haben Sie vor in den USA ein Verbrechen zu begehen“ beantwortet. In diesem Fall habe ich auch nicht, wie sonst, geraten, sondern selbstsicher mit „Nein“ geantwortet.
Nach Abschicken des Antrags sagt mir der Computer trotzdem: „Aufgrund Ihrer Antworten ist eine schnelle Erstattung der Genehmigung nicht möglich. Sie bekommen innerhalb der nächsten 72 Stunden Bescheid gegeben.“ Perfekt danke ich mir. Nun hatte ich erst einmal mehrere Stunden mit Puls 800 vor mir. In der Zwischenzeit war auch Jule mit Anhang eingetroffen so dass wir uns wenigstens gegenseitig verrückt machen konnten.
Letzt endlich wurde die Genehmigung nach nur zwei Stunden erteilt. Auch wenn das Online-check-in nicht mehr funktioniert hat, wurde mir seitens der Airline versichert, dass jetzt alles in trockenen Tüchern läge. Nach dieser Aufregung dachte ich, dass ich mich um den Rückflug auch von Kolumbien aus kümmern könnte. Ein bisschen Entspannung klang mir doch etwas interessanter.
Der nächste Tag, der Tag des Abflugs, begann früh, gegen 4:30 Uhr. So konnten wir pünktlich losfahren und waren um ca. 7:30 am Flughafen, wenn auch nicht gänzlich ohne Umweg. Der Flug war für 10:25 angesetzt.
Am Selbst-Check-In funktionierte das Einchecken für Jule, für mich jedoch wieder nicht. Laut Personal wieder kein Problem, einfach hinten in die Schlange einreihen. Am Schalter angekommen, wird uns gesagt, dass wir nicht fliegen können, wegen dem schon erwähnten Rückflug. Am Buchungsschalter von Delta Airlines kann uns auch nicht geholfen werden, da nur das Reisebüro Einfluss auf die Buchung hat. Das Ziel war es nämlich, den Rückflug so umzubuchen, dass er nicht über die USA geht.
Beim Anruf der Reiseagentur sagt uns die nette Bandansage, dass keiner Zuhause ist und erst ab 9:00 die Verhandlungen beginnen können. Nächste Möglichkeit: Einen zusätzlichen Flug zurück buchen und hoffen, dass wir für den schon gebuchten noch ein paar Cent wieder bekommen. Bei TUI wären es 800€, bei Delta nur 1200€. Da alle beteiligten schon sichtlich durch den Wind waren, hat sich eine der netten Mitarbeiterinnen Jule angenommen. Ihr Vorschlag war, dass wir einen Flug nach Costa Rica hinzu buchen sollten. Durch die speziellen Gesetze dort, wäre ein Flug dorthin erlaubt. In Atlanta sollte wir vorgaukeln dass wir unsere Route geändert hätten und nun doch nach Kolumbien wollen. Während dem Gespräch kam auch zur Sprache, dass ich ja eine offizielle  Bestätigung der Uni in Manizales habe, dass ich dort für 5 Monate arbeiten kann. Dies zog weitere Nachforschungen nach sich, wobei sich schließlich heraus stellte, dass die Gesetzeslage in Kolumbien ähnlich der in Costa Rica sind und wir von vorne rein einfach hätten einchecken dürfen.
Soweit hat also alles wie am Schnürchen funktioniert. Nach einem weiteren, kleineren Stolperstein bezüglich des ESTA konnte es losgehen. Im Flieger ist es bisher Turbulent zugegangen und dank meiner Freizeit in den voran gegangenen Wochen ist die Filmauswahl auf fast nichts geschrumpft. Aber das Essen schmeckt und wir haben es auch schon fast über den Atlantik geschafft, was ich als einen Sieg empfinde.


Atlanta,Bogota und Manizales

In Atlanta hieß es dann erstmal anstellen zur Pass- und Visumskontrolle. In Atlanta befindet sich der weltgrößte Transitflughafen. Bemerkt haben wir das daran, dass wir nicht mal 5 Sekunden stehen bleiben durften: „Go all the way down! Fill up the space!“ Mir diesen Worten wurden wir geradezu getrieben. Bei der Passkontrolle ging alles glatt. Als ich fertig war, war nur kein Michel mehr da. Er ist vor mir zur Passkontrolle gegangen und musste schon weiter. ;)
Unser ca. vierstündiger Flug anschließend nach Bogotá verlief dann eher im Delirium. Nach deutscher Zeit war es schon nach Mitternacht und wir waren ja seit 4 auf den Beinen. Beim Warten auf das Boarding haben wir jedoch schon ein bisschen kolumbianische Kultur miterlebt. Alle Fluggäste unterhielten sich angeregt. Keiner blieb auf seinen Platz sitzen. Die Menschen plauderten, ohne sich zu kennen. Ziemlich cool.
Gegen 10 abends Ortszeit kamen wir in Bogotá an. Beim Verlassen des Fluggeländes hat uns gleich ein Taxifahrer angequatscht. Weil wir es nicht besser wussten haben wir 40.000 Pesos bis zum Hostel bezahlt. Im Hostel erfuhren wir, dass so eine Fahrt eigentlich 20.000 Pesos kostet. Naja, wurde unser Nichtwissen also gleichmal ausgenutzt ;) Nur so zum Verständnis: 1 Euro sind ca. 2800 Pesos, je nach Kurs. Aber mit dem Umrechnen haben wir sowieso noch unsere Probleme.
Von Bogotá haben wir nicht viel gesehen. Das steht dann später auf unserem Reiseplan. ;)
Die Höhe hat uns jedoch ziemlich zu schaffen gemacht. Bogotá liegt auf 2800 Metern. Mir war total schwindlig und selbst Michel, der eingeschworene Bulle, hatte etwas zu kämpfen. Die Rückfahrt zum Flughafen war ziemlich cool. Der Taxifahrer hat viel mit uns geredet. Noch ist die Konversation ziemlich einseitig: „Entiendo…“ war meistens unsre Antwort aber verstanden haben wir viel.
Jetzt gings also nach Manizales ;). Während des Fluges haben wir trotz Wolken ein bisschen was von der Landschaft sehen können.  Es ist sehr bergig. Von Bogotá nach Manizales sind es eigentlich nur ca. 300 km, mit dem Auto würde die Fahrt jedoch mindestens 7 Stunden dauern. Vielleicht könnt ihr euch jetzt was darunter vorstellen.;)
Manizales wirkte beim Landen gleich wie das Paradies. Die 500 Meter weniger machten sich gleich bemerkbar. Die Temperatur war sehr angenehm (20 grad) und das Klima angenehm humid. Luis Miguel, der perfekt deutschsprechende Arbeitskollege von Michel, hat wie versprochen auf uns gewartet und ist mit uns zum Hostel gefahren. Für ca. 12 Euro pro Person die Nacht haben wir hier ein Doppelzimmer mit Frühstück und Bad direkt im Zimmer. Wir leben also wie die Könige ;).
Luis Miguel ist gleich mit uns Mittagessen gegangen. Bereits auf dem Weg dorthin haben wir viel tolles über die menschen und das Leben in Kolumbien erfahren. KolumbianerInnen sind verdammt schöne Frauen. Fast alle haben lange dunkle Haare und dunkle Augen (krass oder? ;)). Sie haben einen tollen Körper. Selbst ich als Frau hab sie ziemlich oft angesehen. Luis Miguel fällt da gleich mal aus der Reihe: er hat grüne Augen. Die Männer sehen auch nicht verkehrt aus, sind aber sehr klein. Das Essen war sehr lecker, aber fettig. Vegetarier haben es hier eher schwer. Es gibt zu fast jedem Gericht Fleisch, Reis und Kochbananen. Sonst auch viel Linsen und rundes Maisbrot, was zu fast allen Mahlzeiten gegessen wird. Generell wird fast alles frittiert. Das Essen war entgegen dem, was wir gelesen haben sehr salzig und die Getränke sehr süß. Für zwei Euro für das gesamte Menü inklusive Vorsuppe und Getränk, wird man sich aber nicht beschweren.;)
Manizales ist in 6 Sozialschichten aufgeteilt. Je nach Sozialschicht zahlt man seine Steuern. Die 6. Ist die höchste und teuerste. Je nach Sozialschicht wohnt man in einem bestimmten Stadtteil. Und je nach Stadtteil ist es auch dementsprechend gefährlich. Unser Hostel und unsere Wohnung ist in der sechsten Zone. Also alles safe. Miguel wohnt auch in der sechsten Zone. Hier brauchen wir eigentlich keine Angst zu haben, dass uns etwas passiert. Miguel selber ist noch nie überfallen worden, war aber auch noch nie in den „gefährlichen Stadtteilen“. Wir würden nachts ja auch nicht nach Gorbitz fahren (nix gegen Leute, die da wohnen). ;) Insgesamt muss man halt n bissel aufpassen. Miguel kennt dennoch viel, die bereits überfallen worden.
Manizales wurde mehrere Male durch Vulkanausbrüche und Feuer zerstört und bietet folglich kein wirklich historisches Zentrum. Dennoch gibt es sehr schöne Ecken. Die Hauptstraße im Zentrum ist sehr belebt . Überall sitzen und plaudern Menschen und es ist sehr laut wegen der Unterhaltungen. Nach Manizales verschlägt es relativ wenige Touristen, was wir einerseits nicht verstehen können, andererseits aber total klasse finden.
Miguel ist mit uns zum Aussichtspunkt, von wo aus man täglich den Sonnenuntergang betrachten kann.  Deshalb hat der chilenische Dichter Pablo Neruda auch über Manizales gesagt: „Mánizales, una fábrica de Atardecers“ (Manizales, Fabrik der Sonnenuntergänge). Von dem Aussichtspunkt aus sieht man in verschiedene Täler runter. Dort haben viele Kolumbianer ihre Fincas, ihre Ferienhäuser. Diese kann man mieten und ist sofort in der Natur.
Vom Aussichtspunkt gings dann zurück mit dem Bus. Egal wo man steht, man kann sie sich einfach ranwinken und  aussteigen, wo es einem beliebt. Jeder Fahrt muss einzeln bezahlt werden und kostet genau 1150 Pesos (ca. 50 Cents).
Die Kolumbianer gehen zeitiger feiern als wir. Um Neun geht’s meistens ab in den Club und um zwei machen sie zu. Das gefällt uns schonmal ziemlich gut;). Miguel brannte die Frage auf der Zunge, wie wir denn bitte in Deutschland tanzen. Das könnte er sich ja überhaupt nicht vorstellen. Hier wird vor allem Salsa, Meringue und Reggaeton getanzt. ;)


Unser erster Tag in unserer neuen Heimat war für uns schon sehr aufregend und wir freuen uns auf unsere Zeit.



1 Kommentar:

  1. So... Habe ich es endlich geschafft, euren ersten Artikel zu lesen. Ich dachte erst, es würde nur Michel schreiben, und war dementsprechend verwirrt, als von Michel in der 3. Person gesprochen wurde. Aber ihr schreibt beide (oder sind es noch mehr?) sehr schön.
    Wünsche euch noch viel Spaß!

    Der Matti

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