Die ersten Tage "allein"
Wegen des
Jetlags waren wir auch am Samstag schon sehr zeitig wach. Das Frühstück im
Hostel besteht aus zwei Scheiben Toast mit je einer Scheibe Käse und Schinken
sowie etwas Rührei. Dazu gab es ein paar Scheiben Apfel oder Passionsfrucht,
eine heiße, viel zu süße, Schokolade und wahlweise Kaffee.
Da wir nicht
wirklich viel vor hatten an dem Tag, sind wir die Sache ruhig angegangen. Als
der Hunger uns dann doch auf die Straßen gelockt hat sind wir, wie schon am
Vortag, die Hauptstraße "La Calle de Santander" vor gelaufen. Da es
sehr viele kleine Restaurants gibt, jedoch so gut wie nichts traditionelles,
haben wir uns einen Burger mit Soda und Kaffee bestellt. Das Ganze für 4800 COP
also ca. 1,80€. Kann man sich also mal wieder leisten.
Anschließend
ging es in gemächlichem Tempo wieder vor bis zur "Cathedral de
Manizales", die mit ihrer eher einfachen Betonbauweise zwar nicht
sonderlich schön, aber dafür stark genutzt ist. Man kann auch auf den 113m
hohen Turm steigen, der dritt größte in Lateinamerika. Das haben wir uns jedoch
wegen der schlechten Weitsicht für ein anderes Mal aufgehoben. Hinter der
Kirche befindet sich das Regierungsgebäude des Bezirks "Caldas" sowie
der Plaza de Bolívar, benannt nach Simón Bolívar. Der Kerl führte Ende des 18.
Jahrhunderts die südamerikanische Unabhängigkeitsbewegung gegen die spanische
Kolonialmacht an was ihn zum Nationalheld in vielen südamerikanischen Staaten
machte und den Beinamen "El Libertador" einbrachte.
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Nationalheld Simón Bolívar |
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"Es ist Zeit zu Gott zu fliegen" - aber nicht heute... |
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Plaza de Bolívar |
Auf dem
Rückweg ging es nochmal in den Supermarkt um uns ein paar exotische Früchte zu
kaufen. Eine rote Ananas für weniger als 50 Cent. Eine Baumtomate, die wir uns
roh reingelöffelt haben, was sich später als falsch heraus stellte. Der
Geschmack war trotzdem interessant, jedoch sehr sauer. Eine Granadilla, die man
wie ein Ei aufschlagen muss. Darin finden sich, ähnlich des Granatapfels viele
Kerne mit Fruchtfleisch umschlossen. Der Geschmack ist super-exotisch und die
Körner sind sehr knackig und passen gut dazu.
Auch haben
wir eine Guave geholt, jedoch noch nicht gegessen, da sie noch nicht reif war.
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Guave (Guayaba) |
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Baumtomate (Tamarillo) |
Damit hat
sich auch der zweite Tag in Manizales dem Ende zu geneigt.
Für den
nächsten Tag war Wandern auf dem Plan. Dazu hatten wir uns von Luis Miguel noch
ein paar Informationen an Vortag eingeholt. Da er meinte, wir würden uns auf
den meisten Wegen verlaufen und sterben, blieb nur noch eine geteerte Straße
hoch in die Berge. Nach dem Frühstück ging es pünktlich um 10 Uhr los. Das
Wetter war zunächst angenehm, wurde jedoch schwüler und schwüler.
Nachdem wir
unterwegs noch ein paar Empanadas für Jule geholt haben, damit sie nicht
unterwegs eine Böschung runterflutscht, hatten wir nach 15 Minuten den
Stadtrand erreicht. Von dort ging es stetig höher und die Farne wurden größer.
Es gab viele Kühe und kleine Häuschen zu sehen, viele, viele Hunde und zudem
einige Häuser von eher betuchteren Menschen. Insgesamt erinnerte der Anblick an
die Alpen, wenn man mal von der Vegetation absieht.
Neben uns
waren viele sportliche Kolumbianer mit Mountainbikes unterwegs, so dass man das
"Bueanos dias" am Ende verinnerlicht hatte.
Da wir die
Straße nicht verlassen wollten sind wir sie bis zum Ende gelaufen, welches nach
ca. 2,5 Stunden erreicht war. Der Rückweg ging schnell, auch weil wir auf
halber Strecke rast in einem kleinen Restaurant gemacht haben. Es gab nur vier
Tische im Garten, einen selbstgebauten Grill und ein 30m²-Haus.
Der werte
Gastwirt bot uns direkt irgendein
fleischiges Gericht an dessen genauen Wortlaut niemand verstehen konnte, aber
wir haben es trotzdem genommen. Dazu gab es wiedermal Kaffee und einen frischen
Grapefruit-Saft der wieder ziemlich gezuckert war. Nachdem wir ihm klar gemacht
haben, dass wir keine Amerikaner sind und das Jules Fleisch "muy
hecho" und meines "mas o menos" sein sollte, konnte der Schmaus
auch direkt losgehen. Wir haben also ein großes, saftiges Stück Rindfleisch
bekommen, dazu Reis, eine Kartoffel und eine "Arepa", so eine Art
Maisküchlein. Das Gericht war zwar etwas teurer, aber dafür auch sehr lecker.
Und 3,70€ (10.000 COP) sind auch trotzdem nicht die Welt.
Mittlerweile
hatte es geregnet und das Klima war recht angenehm. Da wir auch die letzten
Gäste waren, konnten wir uns noch etwas mit dem Besitzer unterhalten. Er kannte
Angela Merkel, die mächtiste Frau der Welt, aber sonst nicht viel.
So langsam
zog auch ein Gewitter auf, weswegen wir uns schnell auf den Heimweg machten. Im
Hostel hatte Luis Miguil bereits eine SIM-Karte hinterlegt. Keine 10 Minuten
später hat er uns auch direkt angerufen. Da seine Freundin, die über die Ferien
bei ihren Eltern, ca. 3 Stunden entfernt, gewohnt hatte, wieder in der Stadt
war, hat er uns vorgeschlagen eine Kleinigkeit Trinken zu gehen.
Nach ein
wenig Eingewöhnungszeit ging es einigermaßen gut mit dem Spanisch. Und zur Not
konnte man ja Luis Miguel um Rat fragen. Eine kleine Französischeinlage von
Jule hat direkt zwei alte Franzosen aus Lyon auf den Plan gerufen. Diese
versuchen ein Austauschprogramm zwischen den Universitäten in Lyon und
Manizales ins Leben zu rufen. Da Jule sich jedoch laut Pass doch nicht als
Französin heraus gestellt hatte, wurde nur etwas Small-Talk ausgetauscht.
Mittlerweile waren alle hungrig geworden, so dass die beiden Einheimischen
vorgeschlagen hatten, etwas bei Estefanía zu kochen, da sie nur wenige Meter
von unserem Hostel entfernt wohnt.
Also habe
wir uns im Supermarkt noch flott ein paar Kochbananen, Tomaten, Lulos,
Würstchen und Käse geholt.
Während die
beiden das Kochen übernommen haben, haben wir in Ruhe zu ein paar Salsa-Tunes
gechillt.
Die Kochbananen
wurden frittiert, gemanscht und zu Küchlein geformt und nochmals frittiert. Die
Würstchen wurde mit den Tomaten, Zwiebeln und Knoblauch etwas eingekocht, der
Käse wurde aufgeschnitten. Dazu gab es Lulo-Saft.
Man belegt
nun die mehrfach frittierten Kochbananen wie man möchte mit Kuchen und dem
Eingekochten, wie ein Stück Brot. Wieder sehr fettig und "muy rico"
Da wir
irgendwann zu müde zum Spanisch sprechen waren, wurde der Heimweg angebrochen.
Universidad Nacional
Für den
heutigen Tag haben wir uns für 9 Uhr mit Luis Miguel an der Uni verabredet. Der
Campus ist noch relativ neu und es gibt auch noch einige Baustellen. Aber
insgesamt ist alles sehr hübsch gemacht und es herrscht ein gutes Flair.
Für die
Chemie-Ingenieure gibt es tatsächlich ein eigenes, 16-Monate altes Gebäude mit
viel Platz. Professor Fontalvo war leider nicht da, aber dafür zwei Studenten
die auch in seiner Forschungsgruppe arbeiten. Diese haben uns ins Labor
gelassen, welches noch lange nicht gefüllt ist aber sehr großzügig aufgebaut
ist. Dort werde ich meinen eigenen Perkolator-Reaktor mit Ofen und HPLC haben.
Zusätzlich gibt es noch einige Arbeitsplätze mit Highspeed-Internet. Ich habe
auf jeden Fall richtig Lust auf die Arbeit bekommen.
Die
Bibliothek ist ebenfalls ganz neu und bietet eine riesige Fensterfront mit
Blick auf die Berge.
Übrigens
werden in Kolumbien augenscheinlich keine Regeln befolgt, auch wenn es sie
gibt. Das fängt bei Anschnallen, über rote Ampeln gehen und Alkohol in der
Öffentlichkeit an und hört damit auf, dass in der Uni fleißig aus den Büchern
kopiert wird. Aber irgendwie funktioniert ja doch alles mehr oder weniger.
Da sich
mittlerweile auch unsere Vermieterin gemeldet hatte, war für 12:00 Uhr der
Umzug geplant.
Die Wohnung
ist nicht all zu groß, ca. 24m², mit kleinem Bad und eingebauter Küche. Dafür
gibt es aber eine große, private Terrasse und Dank des Sicherheitsmannes
brauchen wir nie selbst die Wohnungstür aufmachen.
Gegen Abend
ging es noch in die Deutschschule, die, wie sich nach einiger Rumfragerei,
direkt bei uns um die Ecke ist. Die Schulmaterialien sind schon etwas älter, aber dies liegt wohl daran, dass die Schulbesitzerin bereits seit mehr als 30 Jahren in Manizales lebt. Weil sie schon so viel für das
Land getan hat, wurde ihr als Ehrung die kolumbianische Staatsbürgerschaft geschenkt. Gegen Ende ist es doch noch zu
ein wenig Small-Talk gekommen, außerdem dürfen wir sie nun duzen und Jule hat
eine Hand voll Unterlagen bekommen. Zudem darf Jule jetzt abends für die
Stunden immer hospitieren kommen, wobei sie sich jeweils Gedanken machen soll,
wie man den Schülern beim Lernen helfen könnte.
Insgesamt also ein sehr erfolgreicher Tag.